Brandrisiko von Lithium-Ionen-Akkus

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Behindert das Brandrisiko von Lithium-Ionen-Akkus den Fortschritt der Elektromobilität?
Das Brandrisiko von Lithium-Ionen-Akkus ist und bleibt ein wichtiges Thema. (Bildquelle: theJIPEN/iStock/Thinkstock)

Ein historisches Haus im Zentrum von Augsburg geht im September 2021 in Flammen auf. In Großstädten wie Hannover, Stuttgart und München bleiben die zum Klimaschutz angeschafften Elektrobusse nach Bränden vorerst in ihren Depots. Diese und viele andere Schadensmeldungen haben alle eine gemeinsame Ursache: brennende und explodierende Lithium-Ionen-Akkus.

Auch einige Jahre nach der spektakulären Rückrufaktion von Samsung-Tablets ist das Brandrisiko von Lithium-Ionen-Akkus noch nicht gebannt. Mal brennt es in einer Tiefgararge, mal in einem Fahrradladen, mal in einem Postverteilzentrum und selbst Kinderzimmer wurden schon durch Li-Akkus in Brand gesetzt.

In jedem Betrieb und jedem Unternehmen, das akku-betriebene Elektrogeräte einsetzt, sollten die Gefahren bekannt sein. Die Mitarbeiter sollten wissen, wie Li-Ionen-Akkus sicher geladen und gelagert werden. Das berührt auch die Aufgabengebiete von Elektrofachkräften.

Lithium-Ionen-Batterien auf dem Siegeszug

Lithium-Ionen-Batterien haben sich seit ihrem ersten Auftreten in Verbraucherprodukten Anfang der 90er Jahre stetig weiter verbreitet. Ihre Vorteile liegen auf der Hand:

  • Spezifische Energie, Zellspannung und Wirkungsgrad sind hoch,
  • Leistungsverluste durch den unerwünschten Memory-Effekt oder Selbstentladung dagegen gering.

Damit fällt die Wahl meist auf sekundäre (das sind die wiederaufladbaren) Lithium-Ionen-Akkus spätestens dann, wenn Gewicht und Volumen der Energiespeicher für eine Anwendung oder ein Produkt wichtige Faktoren sind. Längst kommt kaum ein mobiles Kommunikationsmittel wie Handy, Laptop oder Tablet ohne wiederaufladbare Lithium-Ionen-Akkus aus.

Auch die ehrgeizigen Ziele zu einer breiten Entwicklung der Elektromobilität auf deutschen Straßen sind ohne Lithium-Ionen-Akkus kaum vorstellbar. Gerade für Anwendungen in der Automobilbranche besticht die Zellentechnologie der Lithium-Ionen durch ihre hervorragende Leistungs- und Energiedichte.

Die folgende Abbildung zeigt ein sogenanntes Ragone-Diagramm, welches unterschiedliche Energiespeichertechnologien in einem Koordinatensystem darstellt. Damit werden die Unterschiede der verschiedenen Batterietypen grafisch sichtbar.

verschiedene Energiespeicher
Technologievergleich verschiedener Energiespeicher (Bildquelle: „Arbeitshilfen für die Elektrosicherheit“)

Lithium-Ionen-Batterien – Pferdefuß Brandrisiken

Immer häufiger zeigt sich: Die gesteigerte Energiedichte der Lithium-Ionen-Technologie kann zulasten der Brandsicherheit gehen. Denn wenn ein Lithium-Ionen-Akku seine Energie nicht wie gewünscht gezielt und kontrolliert abgibt, wird thermische Energie frei. Dabei erhitzen die Akkus und die Gefahr von Bränden oder Explosionen steigt rapide.

Ursachen für eine unkontrollierte Energieabgabe können sein:

  • ein interner Kurzschluss durch einen Herstellungsfehler oder auch mechanische Beschädigungen
  • Überhitzung durch falsche Handhabung, Lagerung oder Transport.

Verschärfend kommt hinzu , dass die Elektrolytlösungen von Lithium-Ionen-Akkus brennbar sind. Nicht ohne Grund hat z. B. die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) ein Transportverbot für Lithium-Batterien als Fracht in Passagierflugzeugen erlassen.

Diese Brandgefahren betreffen insbesondere alle Hersteller und Dienstleister der Elektrobranche, welche Lithium-Ionen-Batterien in ihre Produkte einbauen oder aus anderen Gründen zwischenlagern.

Downloadtipps der Redaktion

Fachinformation: „Installation von Ladesystemen für Elektrofahrzeuge“

Hier gelangen Sie zum Download.

e+-Artikel: „Schutz gegen thermische Auswirkungen: Neufassung der DIN VDE 0100-420 (VDE 0100-420)“

Hier gelangen Sie zum Download.

Brandschutzkonzepte notwendig

Vom E-Bike bis zum Rasenmäher, vom Gabelstapler bis zur Solaranlage: Wer in der Produktion, Installation oder Instandhaltung mit Lithium-Ionen-Akkus zu tun hat oder gar damit handelt, benötigt sorgsam erstellte Brandschutzkonzepte.

F90-Sicherheitsschränke ermöglichen sicheres Lagern

Betriebe, die nicht über eigene Brandschutzlager verfügen, sollten den Einsatz von Sicherheitsschränken erwägen. In der Produktionsumgebung sollte die Zahl der Akkus nicht den Tages- bzw. Schichtbedarf übersteigen. Auch dort, wo Akkus – z. B. bei Gartengeräten über den Winter – ausgebaut werden, bedarf es sicherer Lagermöglichkeiten.

Ein für Akkus geeigneter Sicherheitsschrank sollte über eine Feuerwiderstandsfähigkeit von 90 Minuten verfügen und wird dann meist als sogenannter F90-Schrank angeboten. Wichtig ist auch, dass der Schrank sowohl die DIN EN 14470-1 (für Feuer von außen) wie auch die EN 1363-1 (für Feuer von innen) erfüllt. Zusammen mit einer technischen Entlüftung, Sensoren für Rauch und Hitze und Abschließbarkeit als Schutz vor unbefugtem Benutzen können Akkus sicher aufbewahrt werden. Je nach Schranktyp ist auch das sichere Laden innerhalb des Schrankes möglich.

Tipp der Redaktion

Arbeitshilfen für die betriebliche Elektrosicherheit

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Versicherer empfehlen Sprinkleranlagen

Für außerhalb von Sicherheitsschränken gelagerte Akkus wurde immer wieder über die optimalen Löschmöglichkeiten diskutiert. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hatte bei der VdS Schadenverhütung GmbH Brandversuche mit Lithium-Ionen-Akkus in Auftrag gegeben. Ziel war herauszufinden, ob eine Sprinkleranlage die Ausbreitung eines Brandes auf Kartons mit Lithium-Ionen-Akkus wirksam begrenzen kann. Dies scheint erfolgversprechend zu sein.

„Je früher die Löschanlage auslöste und je vollständiger sie das gefährliche Lagergut mit Wasser kühlte, desto besser war die Schutzwirkung. Die vom Wasser gekühlten Akkus fingen deutlich später Feuer, teilweise konnte ein Übergreifen des Brandes sogar ganz verhindert werden“,

so wird Carsten Tormöhlen, der Leiter der GDV-Projektgruppe Lithium-Batterien zitiert.

Die Brandschutzexperten empfehlen zur Brandprävention für Lithium-Batterien in Produktions- und Lagerbereichen unter anderem:

  • Lithium-Batterien grundsätzlich wie einen Gefahrstoff behandeln
  • Polkappen verwenden, um äußere Kurzschlüsse zu verhindern
  • Wärme und direkte Sonneneinstrahlung vermeiden
  • beschädigte oder defekte Lithium-Batterien umgehend aus Lager- und Produktionsbereichen entfernen
  • größere Lagermengen (ab 7 m³) sowie alle Batterien ab mittlerer Leistung räumlich-baulich feuerbeständig abtrennen
  • ein ganzheitliches Brandschutzkonzept für Lagerbereiche mit Lithium-Ionen-Akkus erstellen, welches auch die Lagerbedingungen, die Verpackungsmaterialien und Umgebungseinflüsse umfasst
  • automatische Löschanlagen (Sprinkleranlagen) einsetzen, die einen Entstehungsbrand möglichst in den ersten Minuten wirksam bekämpfen

Die GDV hat ein Merkblatt zur Schadenverhütung für Lithium-Batterien herausgegeben. Dieses Dokument enthält weitere Hinweise zur Schadenverhütung beim Lagern oder Bereitstellen von Lithium-Batterien. Es steht zum kostenlosen Download auf den Webseiten des VDS zur Verfügung.

Beitrag von 2016, zuletzt aktualisiert am 11.04.2024

  • Autor:

    Dr. Friedhelm Kring

    freier Lektor und Redakteur

    Kring, Friedhelm

    Dr. Friedhelm Kring ist freier Lektor, Redakteur und Fachjournalist mit den Schwerpunkten Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.

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Kommentare

Kommentar von Udo Müller |

Sehr geehrte Damen und Herren,
wie ist das mit Handwerkern? Wir haben in unseren Fahrzeugen etliche Akku Geräte mit lonen-Akku. Besteht hier auch ein Brandrisiko? Wenn ja, dann dürfte kein Handwerker im Fahrzeug ein Akkugerät besitzen, denn man kann schlecht jeden Tag zweimal alle Geräte in einem Schutzbunker lagern….?
Mit freundlichen Grüßen

Antwort von Sigrid Habersaat

Sehr geehrter Herr Müller,

selbstverständlich hängen die Brandrisiken nicht von Berufen und Gewerken ab, sondern wie man mit den Akkus umgeht. Auf ein Fahrzeug bezogen hieße das z. B., ob die Akkus oder akkubetriebenen Geräte während der Fahrt sicher verstaut sind oder bei jedem starken Bremsen irgendwo anschlagen. Ob die Akkus ordentlich verpackt und gegen Kurzschluss geschützt sind. Oder ob das Fahrzeug in praller Sonne steht und sich Akkus im Fahrzeuginneren stark erhitzen könnten.

Für Akkus in Fahrzeugen gilt das Gleiche wie für andere Situationen: Bei ordnungsgemäßer Handhabung sind Lithium-Akkus weitgehend sicher. Sobald es jedoch zu mechanischen Beschädigungen oder thermischen Belastungen kommt, steigt das Risiko massiv. Bereits abrupte Temperaturwechsel sind ungünstig, denn wenn durch Kondensation Nässe eindringt, drohen Korrosion und Kurzschluss. Brennt der eigene Betrieb bzw. ein betriebseigenes Fahrzeug, ist es für den Betroffenen kein Trost, dass dies angesichts der millionenfachen Verbreitung von Li-Akkus vergleichsweise selten vorkommt. Niemand muss aus Angst vor Brandgefahren auf das Nutzen von Akkugeräten verzichten, aber man sollte um die Risiken wissen und wie man sie minimiert.

Die sogenannte Handwerkerregel, auf welche diese Frage möglicherweise abzielt, greift auch für Li-Akkus, wenn die bekannten Bedingungen für die Freistellungen von (einigen, nicht allen) Gefahrgutvorschriften erfüllt sind. Ersatz-Akkus zur Baustelle zu transportieren, ist somit kein Problem, die Mengengrenze von 333 kg dürfte – wenn die Akkus alleiniges Gefahrgut sind – im Normalfall nicht überschritten werden. Ganz anders sieht es aus, wenn Akkus in größere Mengen transportiert oder an eine Zweigstelle der Firma oder andere Unternehmen geliefert werden. Solche Transporte wären nicht freigestellt. Auch der Transport defekter Akkus fällt aus der Handwerkerregelung, da hier das Brandrisiko deutlich erhöht ist.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Redaktion elektrofachkraft.de

Kommentar von Paul Hoos |

Geht mir genauso. Ich habe mir ein Elektofahrrad gebastelt. Fährt wirklich gut. Den Accu habe ich selbst mit Li-io-Akkus zusammengeschweißt. Soweit kein Problem. Ich habe einen Lademanager am Akku eingebaut, der jede Zellreihe einzeln vor Überladung und Tiefenentladung schützt.
Trotzdem ist der Akku beim Laden nach einer Extremtestfahrt zum Feuerwerk geworden. Es ist zwar weiter nichts passiert, aber wenn den jemand mit in die Wohnung genommen hätte, wäre unter Umständen ein Feuer ausgebrochen.
Ich sehe da auch eine Gefahr.
Grüße Paul

Kommentar von Holger Zipf |

Hallo zusammen,
ein Fahrrad -Akku (LiIonen)wurde Wochenlang nicht mehr benutzt. Ist auch nicht mehr geladen worden(Lagerung neben brennbaren Stoffen). Dieser Akku löste einen Brand aus. Ursache unklar. Sind Vorschriften bekannt, wie Akku dieser Bauart gelagert werden sollen? Akku für Fahrräder sind den Erschütterungen der Straße ausgesetzt. Ich habe den Eindruck, dass hier eine zu wenig geprüfte Gefahr zu wenig Beachtung findet. Gruß Holger

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