Brandbekämpfung in elektrischen Anlagen
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Beitrag aus dem Jahr 2009, aktualisiert am 21.06.2016
Die Norm VDE 0132:2015-10 beschreibt Schutzmaßnahmen bei der Brandbekämpfung im Bereich elektrischer Anlagen. Mit diesen Maßnahmen sowie den Werten für die zulässigen Annäherungen bei Löscharbeiten in elektrischen Anlagen sollte jede in diesem Bereich zuständige Person vertraut sein.
Die VDE 0132:2015-10 gibt Werte für die zulässigen Annäherungen, z.B. für das Retten, und Mindestabstände zwischen Löschmittelausrittsöffnung und unter Spannung stehenden Anlagenteilen (in Abhängigkeit vom verwendeten Löschmittel) in Anlagen mit Nennspannungen über AC 50 V bzw. über DC 120 V vor.
Dabei werden die Brandklassen wie folgt unterschieden:
- Brandklasse A: Brände fester Stoffe, hauptsächlich organischer Natur, die normalerweise unter Glutbildung verbrennen, z.B. Holz, Papier, Stroh, Textilien, Kohle.
- Brandklasse B: Brände von flüssigen oder flüssig werdenden Stoffen, z.B. Benzin, Benzol, Öle, Fette, Lacke, Teer, Äther, Alkohol, Stearin, Paraffin.
- Brandklasse C: Brände von Gasen, z.B. Methan, Propan, Wasserstoff, Acetylen, Erdgas.
- Brandklasse D: Brände von Metallen, z.B. Aluminium, Magnesium und deren Legierungen, Natrium, Kalium.
Vorbereitende Maßnahmen zur Brandbekämpfung
Der Betreiber der elektrischen Anlage unterstützt die Feuerwehr bei der Erstellung von Einsatzplänen.
Er gibt Aufklärung über mögliche Gefahrenpunkte, bei denen die Löscharbeiten, z.B. durch enge Bebauung oder Leitungsführung, erschwert oder behindert werden können oder über besondere Maßnahmen bei der Brandbekämpfung, wie z.B. Chlophentransformatoren, SF6-Anlagen.
Allgemeine Maßnahmen bei Bränden in elektrischen Anlagen
- In Erzeugungs- und Verteilungsanlagen elektrischer Energie sind, soweit überhaupt eine Notwendigkeit dazu vorliegt, nur die vom Brand betroffenen oder unmittelbar bedrohten Teile spannungsfrei zu machen. Grundsatz muss sein, dass so wenig wie möglich ausgeschaltet wird.
- Mit Rücksicht auf die Nachteile für die Bekämpfung des Brands sowie für die Allgemeinheit, sind Ausschaltungen nur im Einvernehmen zwischen Feuerwehr und dem Betreiber vorzunehmen. Dadurch soll u.a. vermieden werden:
- die Gefährdung von Patienten in Kranken- und Altersheimen
- das Stilllegen der Wasserversorgung
- die Gefahren und Schäden durch die Unterbrechung von Betriebsabläufen
- der Stillstand von Aufzügen und elektrisch betätigten Toren
- das Abdunkeln von Verkehrswegen
- Lichtbögen können im Allgemeinen nur durch das Ausschalten unterbrochen werden.
- Die Benutzung von Aufzügen – mit Ausnahme von Feuerwehraufzügen – ist wegen der Gefahr eines Stromausfalls gefährlich und zu vermeiden.
- Anlagen, die dem Brandschutz und der Brandbekämpfung dienen (z.B. Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, Sprinkler- und Sprühwasserlöschanlagen), dürfen ohne zwingende Notwendigkeit nicht außer Betrieb gesetzt werden.
- Durch das Schalten elektrischer Anlagen und Betriebsmittel können erhöhte Brand- und Explosionsgefahren entstehen.
- Die Leuchten in den vom Brand betroffenen oder bedrohten Räumen sind – auch bei Tage – einzuschalten, weil dies in rauchgefüllten Räumen die Rettungsarbeiten erleichtert.
- Nicht vom Brand betroffene elektrische Betriebsmittel sind nach Möglichkeit vor Löschmitteln zu schützen.
- Die Feuerwehr ist bei Löscharbeiten auf jeden Fall durch Elektrofachkräfte des Anlagenbetreibers zu unterstützen.
- Bei der Brandbekämpfung im Bereich elektrischer Anlagen sind Mindestabstände zu unter Spannung stehenden Teilen einzuhalten, die sich wie folgt unterscheiden:
- Schutzabstände, die eine Annäherungszone festlegen und die eingehalten werden müssen, wenn es darum geht, die Situation zu erkunden, Leitern, Hubarbeitsbühnen und andere Geräte einzusetzen (wobei die Annäherung durch Belastung und Schwankung zu berücksichtigen ist) und bei der Rettung von Personen
- Mindestabstände, die zwischen Löschmittelaustrittsöffnung und unter Spannung stehenden Anlageteilen einzuhalten sind.
Diese Mindestabstände hängen nicht nur von der Höhe der Anlagenspannung ab, sondern auch von der Art des Löschmittels (Wasser, Schaum, Pulver bzw. Kohlendioxid).
Maßnahmen bei Elektrobränden in Niederspannungsanlagen
Für die zulässigen Annäherungen in Niederspannungsanlagen gilt die Tabelle 2 der Norm VDE 0132:2015-10.
Nennspannung | Annäherung |
bis AC 1.000 V oder DC 1.500 V | 1 m |
- Für die Mindestabstände zwischen Löschmittelaustrittsöffnung und unter Spannung stehenden Anlageteilen sind in der Norm VDE 0132 Werte in Abhängigkeit vom Löschmittel angegeben.
- Sind im Bereich der Brandstelle umfangreiche Zerstörungen der Niederspannungsanlagen, insbesondere der Freileitungen, zu erwarten oder bereits eingetreten, so sind die betroffenen Leitungen im Bereich der Brandstelle spannungsfrei zu machen.
Diese Maßnahme ist erforderlich, weil der Isolationszustand durch Brandeinwirkung oder Löschmaßnahmen u.U. erheblich herabgesetzt werden kann und weil Freileitungen reißen können. - Eine Berührung herabgefallener Leitungen, auch wenn sie am Boden liegen, und eine Berührung der im normalen Zustand nicht unter Spannung stehenden Metallteile, z.B. Maschinen, Fernmelde-Freileitungen, Antennen, Blechdächer und Blechwände, Regenrinnen, Wasser- oder Gasleitungen, Metallzäune, kann gefährlich sein. Diese Metallteile können u.U. unter Spannung stehen.
Maßnahmen bei Elektrobränden in Hochspannungsanlagen
Für die zulässigen Annäherungen in Hochspannungsanlagen gelten die Werte in Tabelle 3 der VDE 0132:2015-10.
Nennspannung | Anäherung |
bis 110 kV | 3 m |
über 110 bis 220 kV | 4 m |
über 220 bis 380 kV | 5 m |
- Die Mindestabstände, die zwischen Löschmittelaustrittsöffnung und unter Spannung stehenden Anlageteilen einzuhalten sind, sind der VDE 0132 zu entnehmen.
- Hochspannungsanlagen in abgeschlossenen elektrischen Betriebsstätten, wie z.B. Schalt- und Umspannanlagen, dürfen nur in Gegenwart der zuständigen Elektrofachkräfte (z.B. Anlagenverantwortlicher) oder elektrotechnisch unterwiesenen Personen und nur von unmittelbar am Einsatz Beteiligten betreten werden.
- Im unmittelbaren Einflussbereich eines Brands liegende Anlagenteile sind – wegen der Gefahr von Lichtbogenkurzschlüssen durch leitfähige Beläge, Ionisation usw. – vor Annäherung spannungsfrei zu machen.
- Freileitungen und Fahrleitungen in der Nähe von Brandstellen können beschädigt werden und herunterfallen. Das Betreten der Umgebung herabgefallener Leitungen ist lebensgefährlich.
Die am Boden liegende Leitung ist daher im Abstand von mindestens 20 m zu meiden. Hat sie Berührung mit Metallteilen, wie Zäunen, Geländern, Schienen usw., so ist von diesen Teilen ebenfalls der Abstand von 20 m einzuhalten. Diese Zone ist abzusperren. Der Bereich darf erst wieder nach Beseitigung der Gefahr und Freigabe durch den Betreiber betreten werden.
Mindestabstände bei Löscharbeiten
Die in der VDE 0132 genannten Mindestabstände zwischen Löschmittelaustrittsöffnung und unter Spannung stehenden Anlageteilen sind erforderlich, um Stromeinwirkungen auf das den Löscheinsatz durchführende Personal zu verhindern.
Es wird unterschieden, ob bei Löscharbeiten Sprühstrahl oder Vollstrahl angewendet wird.
Zahlreiche Versuche haben ergeben, dass erst in der Sprühzone die Auflösung des Wasserstrahls so weit fortgeschritten ist, dass zu keiner Zeit eine galvanische Verbindung zwischen der angespritzten Elektrode und dem Strahlrohr zustande kommt.
Sind den Einsatzkräften der Feuerwehr die anstehenden Spannungen und die örtlichen Verhältnisse zunächst unbekannt, so dürfen beim Einsatz von Strahlrohren zwischen Strahlrohr und unter Spannung stehenden Anlageteilen die Richtwerte nach Tabelle 4 der VDE 0132:2015-10 nicht unterschritten werden.
Richtwerte bei Löscharbeiten für den Abstand zwischen möglicherweise unter Spannung stehenden Anlageteilen und dem Strahlrohr
Strahlrohr |
Niederspannung (N) ≤ AC 1 kV oder ≤ DC 1,5 kV |
Hochspannung (H) > AC 1 kV oder > DC 1,5 kV |
Sprühstrahl | 1 m | 5 m |
Vollstrahl | 5 m | 10 m |
Kurzzeichen | N-1-5 | H-5-10 |
Maßnahmen nach einem Elektrobrand
- Nach dem Brand ist der Brandraum zu lüften, bevor Personen ohne Atemschutz den Raum betreten. Es muss vermieden werden, dass sich giftige und korrosive Zersetzungsprodukte im Gebäude ausbreiten.
- Beim Betreten der Brandstelle kann die Gefahr bestehen, dass vorhandene Metallteile, z.B. metallene Rohrleitungen, Dachrinnen oder Drahtzäune, unter Spannung stehen, sofern sie mit herabgefallenen Freileitungen, verbogenen Leitern oder anderen unter Spannung sehenden Teilen Verbindung erhalten haben.
- Besteht der Verdacht, dass Personen mit giftigen Zersetzungsprodukten in Kontakt gekommen sind, müssen sie unverzüglich fachärztlicher Betreuung zugeführt werden.
- Nach Beendigung der Löscharbeiten sind zur Vermeidung von Schäden Pulverbeläge auf Isolatoren innerhalb von zwei Stunden zu beseitigen.
Autoren: Dr.-Ing. Peter Hasse, Dipl.-Ing. Walter Kathrein
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