10 Grundsätze für das Arbeiten unter Spannung (AuS)
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Wenn elektrische Anlagen oder Betriebsmittel unter Spannung stehen, sind Elektroarbeiten daran lebensgefährlich. Es drohen Körperdurchströmung oder die Bildung von Lichtbögen. Daher gelten für das Arbeiten unter Spannung bestimmte Voraussetzungen und Sicherheitsregeln.
AuS nur ausnahmsweise bei zwingenden Gründen
Ein Arbeiten unter Spannung (AuS) ist nur in bestimmten Situationen zulässig, wenn es unmöglich oder nicht sinnvoll ist, Spannungsfreiheit herzustellen.
- Arbeiten unter Spannung sind erlaubt, wenn Sie im Rahmen einer Fehlersuche Messungen vornehmen, die ohne Vorliegen einer elektrischen Spannung keinen Sinn ergeben würden.
- Würde eine Spannungsfreiheit schwerwiegende andere Gefährdungen mit sich bringen, etwa bei Abschalten einer Anlage zur Verkehrssteuerung oder lebensnotwendigen Versorgungssystemen, sind Arbeiten unter Spannung ebenfalls möglich.
- Und beispielsweise auch, wenn durch Spannungsfreiheit hohe wirtschaftliche Schäden entstehen würden, z.B. beim Abschalten großindustrieller Fertigungsprozesse in der Stahlindustrie oder in Glashütten.
Mehr über die Ausnahmeregelungen zum Arbeiten unter Spannung lesen Sie in der Norm DIN VDE 0105-100:2015-10 „Betrieb von elektrischen Anlagen“ und in der DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“.
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Die 10 Grundsätze für das Arbeiten unter Spannung
Beachten Sie für das Arbeiten unter Spannung (AuS) die folgenden zehn Grundsätze:
- Nur bei „zwingenden Gründen“ dürfen Sie – laut § 8 DGUV Vorschrift 3 – „unter Spannung“ arbeiten. Ansonsten sind Arbeiten an unter Spannung stehenden Teilen verboten.
- Ihr Arbeitgeber muss nach erfolgter Gefährdungsbeurteilung und auf der Grundlage dieser Gefährdungsbeurteilung entscheiden, ob Arbeiten unter Spannung durchgeführt werden.
- Ihr Arbeitgeber muss für jede unter Spannung vorgesehene Tätigkeit schriftlich festlegen, welche Gründe er als zwingend dafür ansieht, dass auf Spannungsfreiheit verzichtet werden soll.
- Ihr Arbeitgeber muss für die Durchführung der Arbeiten unter Spannung eine Arbeitsanweisung erstellen (oder erstellen lassen).
- Sie dürfen Arbeiten unter Spannung nur dann ausführen, wenn Sicherheit und der Schutz der Gesundheit aller an den Tätigkeiten und Arbeiten beteiligten Beschäftigten gewährleistet sind.
- Arbeiten unter Spannung dürfen nur von Personen ausgeführt werden, die für diese Arbeiten ausgebildet und fachlich geeignet sind. Genauere Angaben dazu und zu den notwendigen Schulungen finden Sie in der DGUV Regel 103-011. Die Qualifikation wird im AuS-Pass dokumentiert.
- Sie dürfen Arbeiten unter Spannung nur ausführen, wenn geeignete Werkzeuge und Hilfsmittel vorhanden sind, die eine Gefährdung durch Lichtbögen oder Körperdurchströmung ausschließen.
- Für Arbeiten unter Spannung ist es unerlässlich, dass Sie technische, organisatorische und persönliche Sicherheitsmaßnahmen festlegen und umsetzen.
- Zu den Sicherheitsmaßnahmen gehört auch, dass Sie nicht freigeschaltete aktive Teile einer elektrischen Anlage durch isolierende Abdeckungen gegen Berühren schützen.
- Führen Sie Arbeiten unter Spannung nur aus, wenn sie von einer Person überwacht werden, die in der Ersten Hilfe ausgebildet und mindestens elektrotechnisch unterwiesen ist.
Im Klartext: Arbeiten unter Spannung ist nur Elektrofachkräften erlaubt und auch das nur im Ausnahmefall und unter strengster Beachtung sämtlicher Sicherheitsvorschriften!
Isolierte Sicherheitswerkzeuge für Arbeiten unter Spannung
Bei den ersten Arbeiten unter Spannung vor einigen Jahrzehnten hat man noch normale Werkzeuge mit Isolierband umwickelt. Heute können Sie einer ganzen Palette von isolierten Handwerkzeugen für Arbeiten unter Spannung bis zu bestimmten Spannungsobergrenzen wählen, darunter Hämmer, Schraubenzieher, Schraubenschlüssel, Drehmomentknarren, Greif- und Abisolierzangen usw.
Für Instandhaltungsarbeiten in Großanlagen, z.B. der Energieversorgung, kommen inzwischen auch fernsteuerbare und mit Kameras ausgestattete Robotersysteme zum Einsatz.
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Achten Sie darauf, dass isolierte Werkzeuge und isolierende Hilfsmittel mit dem Isolatorsymbol und/oder einem Doppeldreieck mit Angabe der Spannung gekennzeichnet sind. Die zwei Dreiecke senkrecht übereinander stellen das Piktogramm für Arbeiten unter Spannung dar. Die exakte Ausführung des Symbols ist in unterschiedlichen Texten des Regelwerks nicht immer identisch (siehe Abbildung). Dennoch ist das Piktogramm unverkennbar und gilt international.
Schutzausrüstung für Arbeiten unter Spannung
Die Schutzausrüstung für Arbeiten unter Spannung besteht aus Elektriker-Schutzhelm, Elektriker-Gesichtsschutzschirm, Elektriker-Handschuhen, Unterziehhandschuhen, Elektriker-Schutzjacke und -hose oder Schaltmantel und Schutzstiefeln. Dazu kommen weitere Ausrüstungsteile wie Standmatte zur Standortisolierung oder Abdecktücher aus Gummi.
Neben dem Elektro-Isolierband kommen bei Arbeiten unter Spannung verschiedene spezielle Hilfsmittel zum Einsatz, hier einige Beispiele:
- Sperrkappen schützen vor einem unüberlegten Zuschalten von Schraubsicherungen. Sie können nur mit Spezialschlüsseln entfernt werden. Diese Schutzmaßnahme kann insbesondere bei Instandhaltungsmaßnahmen unverzichtbar sein.
- Zählertüllen isolieren Einzeladern.
- Isolierstopfen sichern Schraubsicherungen.
- Spreizkeile spreizen Hauptleiterkabel und helfen beim Schneiden von Kabeladern, z. B. zum Montieren von Kabelabzweigklemmen.
- Blindeinsätze sichern vor einem unüberlegten Zuschalten von NH-Sicherungseinsätzen.
- Für Automaten- und Leistungsschalter sind Sperrelemente verfügbar, die bügelartig über die Module befestigt werden.
Zur Schutzausrüstung bei Arbeiten unter Spannung gehören im weiteren Sinne auch Elemente, welche Unbefugte von der Arbeitsstelle fernhalten wie Absperrbalken, Warnhinweise usw.
Beitrag ursprünglich von November 2018, zuletzt aktualisiert am 03.11.2022.
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Kommentare
Kommentar von Mönius Martin |
@ Schreibmaier Harald
Nach VDE 0105 gibt es drei Arbeitsmethoden:
-Arbeiten im spannungsfreien Zustand
-Arbeiten unter Spannung
-Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile
Alle drei Arbeiten Methoden setzen wirksame Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag sowie Auswirkungen von Kurzschluss und Störlichtbögen voraus.
Beim Arbeiten unter Spannung wird wiederum unterschieden ob weitere technische oder organisatorische Maßnahmen erforderlich sind oder nicht.
Das Arbeiten unter Spannung erfordert immer besondere Maßnahmen
wie z.B. Gefährdungsbeurteilung, Betriebs- Arbeitsabweisungen, Anforderungen an das Personal
z.B. Spezialausbildung, Qualifizierung, Alter, Ausrüstung etc.
Das Arbeiten unter Spannung sollte betrieblich z.B. in einem AuS-Handbuch geregelt sein.
Kommentar von Schreibmaier Harald |
Wo ist in der Norm EN 50110-1 ableitbar, dass AuS kein gleichberechtigtes Arbeitsverfahren zu den beiden anderen (Abschalten oder Arbeiten in der Nähe ..)?
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