Elektrosicherheit bei Hochwasser
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Geht es um die Elektrosicherheit, müssen Elektrofachkräfte auch das Thema „Hochwasser“ im Auge behalten, nicht zuletzt angesichts der Bilder der Flutkatastrophe im Sommer 2021, die uns auch lange nach den Aufräumarbeiten noch im Gedächtnis sind. Bei Hochwasser sind nicht nur die Gebäude selbst und deren Einrichtungen in Gefahr und können beschädigt werden, sondern auch die elektrischen Anlagen.
Zur Planung des Schutzes gegen Hochwasser gehört auch die Festlegung von Maßnahmen, die nach einem Hochwasser durchgeführt werden müssen, um elektrische Anlagen wieder so schnell wie möglich in Betrieb zu nehmen.
Schutz vor Hochwasser schon bei der Planung berücksichtigen
Aber nicht nur elektrische Anlagen müssen bei der Planung zum Schutz vor Hochwasser berücksichtigt werden, auch Lagerräume und andere Bereiche im Unternehmen, die mit diesen Anlagen zu tun haben. So sollten zum Beispiel auch die Lagerräume, in denen Unternehmen Batterien aufbewahren, zuverlässig gegen Hochwasser und Grundwasser geschützt sein. Der Schutz vor Hochwasser besteht also aus mehreren Stufen.
In der DIN 18012:2018-04 „Anschlusseinrichtungen für Gebäude – Allgemeine Planungsgrundlagen“ wird festgelegt, wie Hauptanschlüsse im Unternehmen oder Privathaushalten vor Hochwasser geschützt werden können. Die Anforderungen in dieser Norm sollten auf jeden Fall eingehalten werden.
In hochwassergefährdeten Gebieten gilt darüber hinaus noch die DIN 18015-1:2020-05 „Elektrische Anlagen in Wohngebäuden – Teil 1: Planungsgrundlagen“. Die Norm legt fest, wie Anschlüsse, Zähler und andere elektrische Installationen positioniert werden müssen. Hier spielt vor allem der Stand der hundertjährigen Überschwemmungshöhe eine Rolle. Es ist empfehlenswert, die in der Norm definierten Bauteile der elektrischen Anlage deutlich oberhalb dieser Marke zu montieren. Die Montage sollte darüber hinaus mit dem jeweiligen Energieversorger abgestimmt werden.
Was tun, wenn es zum Ernstfall kommt?
Hochwasser als höhere Gewalt
Die Gefahren, die von Hochwasser ausgehen, sind häufig unkalkulierbar, und müssen bei der Planung von Elektroanlagen berücksichtigt werden. Denn Schutzeinrichtungen, die eigentlich vor Gefahren eines Stromschlags schützen sollen, sind nicht mehr funktionsfähig, wenn sie mit Wasser in Berührung gekommen sind.
Hochwasser gilt normalweise als höhere Gewalt. Das entbindet die Netzbetreiber zunächst von der Stromversorgungspflicht. Der Energieversorger kann selbst entscheiden, ob und wo die Energieversorgung weiter aufrechterhalten werden kann und soll. Dabei spielen wirtschaftliche Aspekte genauso eine Rolle wie die Sicherheit.
Allerdings können Überschwemmungen auch von Starkregen oder anderen Ereignissen verursacht werden. In diesem Fall ist nicht immer höhere Gewalt im Spiel, und der Energieversorger wird von seiner Stromversorgungspflicht nicht entbunden. Das heißt wiederum, dass die Anlagen weiterhin mit Energie versorgt werden, was eine nicht unerhebliche Gefahr bedeuten kann. Auf diese Gefahr müssen die Elektrofachkräfte im Unternehmen reagieren und gegensteuern. Vor allem in tiefergelegenen Bereichen des Unternehmens, wie zum Beispiel den Kellern sollte sich niemand den Anlagen nähern, wenn diese unter Wasser stehen.
Im Falle eines Hochwassers oder einer Überschwemmung muss die Energieversorgung für diesen Bereich von außen deaktiviert werden. Das kann meistens nur der Energieversorger erledigen, der dazu kontaktiert werden muss.
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Was müssen Hausbesitzer wissen?
Bei einem Hochwasser entscheidet der Energieversorger bzw. Netzbetreiber, wann die Stromversorgung im betroffenen Gebiet unterbrochen und wann sie wieder aufgenommen wird. Bei dieser Entscheidung ist der Sicherheitsaspekt wichtig: Lebensgefährliche Kurzschlüsse oder elektrische Schläge sollen vermieden werden.
Wenn die Stromversorgung bestehen bleibt, z.B. bei starkem Regen oder Gewitter, aber elektrische Anlagen oder Betriebsmittel unter Wasser stehen, müssen Hausbesitzer bzw. Betreiber besonders vorsichtig sein. Hausanschlusskästen, Hauptverteiler und Zähleranlagen, die unter Wasser stehen, sind sehr gefährlich. Meist sind deren Schutzeinrichtungen auch ausgefallen. Schalten Sie daher elektrische Anlagen in überfluteten Räumen ab, bevor Sie sie betreten! Lassen Sie sich von einem Elektrofachbetrieb oder dem Netzbetreiber im Vorfeld beraten, was Sie jetzt tun sollten.
Wichtige Hinweise zum Vorgehen, wenn die Anlage oder das Betriebsmittel nicht mehr unter Wasser steht:
- Beauftragen Sie für die Überprüfung, Reparatur und Wiederinbetriebnahme einen eingetragenen Elektrofachbetrieb oder den örtlichen Energieversorger bzw. Netzbetreiber.
- Haushaltsgeräte und Installationsgeräte, die nass geworden sind, müssen instandgesetzt, getrocknet und gereinigt werden. Sie müssen fachgerecht geprüft werden. Es besteht die Gefahr eines elektrischen Schlags!
Was gilt bei Hochwasser im Unternehmen?
Tritt der Ernstfall ein und ein Hochwasser hat das Unternehmensgelände erreicht, muss so schnell wie möglich nach den ersten Aufräumarbeiten die Elektroinstallation geprüft werden. Diese Aufgaben sollten im Unternehmen ausschließlich Elektrofachkräfte vornehmen. Betroffene Räume oder Bereiche eines Unternehmens dürfen erst betreten werden, wenn die Elektrofachkraft den Raum freigegeben hat.
Auch wenn zunächst kein Schaden an elektrischen Anlagen zu vermuten ist, sollten diese so schnell wie möglich überprüft werden. Feuchte Geräte dürfen keinesfalls in Betrieb genommen werden, das gilt auch für durch Wasser verschmutzte Geräte. Beim Entfernen des Wassers muss die Elektrofachkraft sorgfältig vorgehen. Wird das Wasser zum Beispiel weggeblasen, kann es passieren, dass Teile der Elektroinstallation nass werden, die es vorher nicht waren. Hier kann das Wegsaugen von Wasser teilweise die bessere Wahl sein. Wie genau vorgegangen wird, müssen Elektrofachkräfte natürlich von Fall zu Fall selbst entscheiden.
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Was gilt für die Wiederinbetriebnahme elektrischer Anlagen nach einem Hochwasser?
Wenn Sie als Elektrofachkraft nach einer Überschwemmung die Elektroinstallation wieder in Betrieb nehmen, sollten Sie folgende Punkte beachten:
- Beantragen Sie die Überprüfung des Hausanschlusskastens beim zuständigen Energieversorger.
- Öffnen Sie Steckdosen, Installationsschalter, Abzweigkästen und andere Installationsgeräte und entfernen Sie Schmutz und Feuchtigkeit fachgerecht.
- Prüfen Sie deren einwandfreie Funktion.
- Ebenso befreien Sie Hauptverteiler und Stromkreisverteiler von Schmutz und Feuchtigkeit und überprüfen die Klemmverbindungen.
- Bei Verteilern und Installationsgeräten der Schutzklasse II müssen Sie über die Reinigung hinaus prüfen, ob die Anforderungen an die Schutzklasse noch eingehalten werden.
- Tauschen Sie nass gewordene Schutzeinrichtungen und Sicherungen aus.
- Messen Sie den Isolationswiderstand bei Installationsleitungen.
- Vor einer Wiederinbetriebnahme müssen Sie die elektrische Anlage nach DIN VDE 0100-600 bzw. DIN VDE 0105-100 vollständig prüfen. Dokumentieren Sie dies mit einem Prüfprotokoll.
- Elektrische Geräte müssen Sie reinigen und entfeuchten, anschließend nach DIN EN 50678 VDE 0701 messen und erproben.
- Nehmen Sie eine elektrische Anlage nur abschnittsweise wieder in Betrieb.
- Elektrisches Installationsmaterial, das mit Wasser in Berührung gekommen ist und weiter betrieben oder verwendet wird, ist nicht mehr bestimmungsgemäß im Einsatz. Daher entfällt die Gewährleistung durch den Hersteller.
Fazit
Beim Umgang mit Hochwasser müssen Elektrofachkräfte also sehr geplant vorgehen. Befindet sich ein Gebäude in einem hochwassergefährdeten Gebiet, gelten besondere Vorschriften für die Installation von Elektroanlagen. Elektroinstallationen sollten vor den Gefahren eines Hochwassers so gut wie möglich geschützt werden. Tritt dennoch der Katastrophenfall ein, gilt es die Anlage so schnell wie möglich abzuschalten, damit keine Gefahr für Leib und Leben bestehen. Nach dem Hochwasser ist gut geplantes Vorgehen notwendig, um die Anlage so schnell wie möglich wieder in Betrieb zu nehmen, die Schäden zu beseitigen, und keine neuen Schäden zu verursachen.
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