EMV von Photovoltaikanlagen
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Die Nutzung der Solarenergie ist weltweit ein integraler Bestandteil der Elektroenergieversorgung. Die PV-Anlagen stellen dabei für den Betreiber eine hohe Investition dar, die sich in der vorhergesehenen Zeit amortisieren sollte.
Deshalb steht die Verfügbarkeit der PV-Anlage, d. h. die Stromproduktion, an erster Stelle.
Eine PV-Anlage besteht aus einem PV-Generator (PV-Module), Verkabelung und Wechselrichter. Dazu kommen die Überwachungs-, Regel- und Steuerungssysteme sowie die Netzanschlusstechnik für das öffentliche Stromnetz.
EMV-Systemverhalten von Photovoltaikanlagen
Die technische Relevanz der elektromagnetischen Verträglichkeit bei Photovoltaikanlagen ergibt sich in erster Linie daraus, dass Wechselrichter in Abhängigkeit von ihrem Schaltungsprinzip aufgrund schneller Schaltvorgänge und steiler Schaltflanken eine breitbandige elektromagnetische Störquelle darstellen.
Dabei können hochfrequente Störströme über die angeschlossene Gleich- und Wechselstromverkabelung auf die Module bzw. das Versorgungsnetz übertragen werden.
Eine PV-Anlage ist durch eine ausgedehnte Gleichstromverkabelung und eine großflächige Ausdehnung, verursacht durch die Module, gekennzeichnet. Daraus resultiert, dass äußere elektromagnetische Störungen wie z.B. induzierte Spannungen, verursacht durch Blitzeinschläge, in die PV-Anlage eingekoppelt werden können.
EMV von PV-Wechselrichtern auf der Wechselspannungsseite
Ein Wechselrichter kann durch interne Schaltvorgänge unerwünschte Signalspektren erzeugen. Für die Analyse der Ausbreitung der Störungen sowie die Zusammenhänge zwischen Strom und Spannung der Störspektren ist es notwendig, die gesamte PV-Anlage inklusive der Netzanbindung zu modellieren.
Je nach Anlagenkonfiguration können sich die auf den Anschlussleitungen des Wechselrichters sowie auf den Gleichstromleitungen ausbreitenden Störsignale stark unterscheiden. Mithilfe eines kommerziellen Simulationsprogramms können die Zusammenhänge in dem Systemmodell untersucht werden.
Zur Simulation sollten die wesentlichen Hauptkomponenten (PV-Generator (PV-Module), Gleichstromhauptleitung, Wechselrichter und Netzanbindung) einer PV-Anlage berücksichtigt werden.
In der Ersatzschaltung werden Erdkapazitäten berücksichtigt, die wesentlich von der Größe und Bauart des PV-Generators abhängen. Für die Leitungen wurde das gängige Ersatzschaltbild, bestehend aus Längsinduktivitäten und Parallelkapazitäten, verwendet.
Für den Wechselrichter wurde ein vereinfachtes Ersatzschaltbild, basierend auf einem realen Produkt, herangezogen. Dabei wurden teilweise Filterschaltungen einbezogen, um die Wirkung spezieller Entstörmaßnahmen zu simulieren. Die Netzanbindung wurde als einfaches Modell entsprechend der Norm EN 60555-3 verwendet.
In Abbildung 2 sind der Signalverlauf und das Störspektrum des Gleichtaktstroms bei der Simulation eines selbstgeführten Wechselrichters ohne Transformator dargestellt.
Die Simulation hat gezeigt, dass bei einem netzgeführten Wechselrichter durch langsame Schaltvorgänge der Leistungselektronik und relativ geringe Schalthäufigkeit oberhalb von 20 kHz geringe Spektralanteile erzeugt werden. Jedoch werden durch Resonanzen der Bauelemente des Wechselrichters mit den Kapazitäten am PV-Generator sowie der Induktivität der Netzanbindung Amplitudenerhöhungen auftreten.
Bei einem selbstgeführten Wechselrichter treten auch bei höheren Frequenzen Störsignale auf, die aber durch Filterung erheblich gedämpft werden können. Mit dem bei diesen Wechselrichtern üblichen Transformator wurde durch die galvanische Trennung zwischen Gleich- und Wechselspannungsseite der Störpfad von der Wechselrichterbrücke über die Erdkapazität des PV-Generators und den Erdungspunkt des Netzes unterbrochen. Das führt zu einer wesentlichen Verringerung von Gleichtakt-Störströmen.
EMV von PV-Wechselrichtern auf der Gleichspannungsseite
PV-Anlagen können unter bestimmten Bedingungen elektromagnetische Wellen abstrahlen. Die meistens als Störungen in der Umgebung wahrgenommenen elektromagnetischen Wellen werden ausschließlich von einer elektrisch aktiven Quelle, z.B. Wechselrichter oder Gleichspannungsladeregler, generiert.
Weitergehende Untersuchungen des Betriebsverhaltens von Wechselrichtern zeigen, dass insbesondere neue Schaltungs- und Modulationsprinzipien (hohe Taktfrequenzen) in den Geräten zu überhöhten Störungen im Frequenzbereich von 30 bis 300 MHz führen.
Aufgrund dieser ermittelten Störleistungen können elektromagnetische Felder vom Generator und von den DC-Leitungen abgestrahlt werden. Abbildung 3 zeigt einen Freifeld-Messaufbau zur EMV-Messung von PV-Anlagen.
In Abbildung 4 wird die Funkstörfeldstärke eines PV-Generators, die im Test von einem PV-Wechselrichter verursacht wurde, im Vergleich zur Hintergrundstrahlung dargestellt.
Relevante EMV-Normen für Photovoltaikanlagen
EMV-Messungen an Solarinvertern sind durch die Normungsbehörden derzeit noch nicht ausreichend spezifiziert. Daraus resultiert, dass eine eindeutige Zuordnung nicht möglich ist. Man kann Solarinverter z.B. als Haushaltsgeräte, als ISM-Gerät oder als informationstechnisches Gerät einordnen.
Entsprechend würden die Normen EN 55014, EN 55011 oder EN 55022 zur Anwendung kommen. Derzeit werden von der IEC Normen speziell für Photovoltaikanlagen erarbeitet. Die laufenden Normungsprojekte des Komitees K 373 „Photovoltaische Solarenenergie-Systeme“ sind:
- Norm für Solarzellen
- Norm für Solarscheiben
- Norm zur Verifizierung von Simulationsprogrammen
- Norm zur Verifizierung von Simulationsprogrammen
- Norm für Steckverbinder für PV-Systeme
- Norm für Photovoltaik im Bauwesen
Hersteller von Solarinvertern geben heute an, dass ihre Geräte folgenden Normen entsprechen, und kennzeichnen sie mit dem CE-Zeichen:
- Gerätesicherheit nach EN 60950-1:2003-08 sowie EN 50178:1998-04
- Störaussendungen nach EN 61000-6-3:2002-08 sowie EN 61000-6-4:2002-08
- Netzrückwirkungen nach EN 61000-3-2:2001-12
Messtechnik zur EMV-Überprüfung bei Photovoltaikanlagen
Zur Untersuchung der elektromagnetischen Verträglichkeit der Komponenten der PV-Anlage werden gegenwärtig Messsysteme verwendet, welche die Messdaten im Frequenzbereich erfassen.
Die Emissionsmessungen mit Messmitteln nach der internationalen Norm des International Special Committee on Radio Interference (CISPR) 16-1 und die Messmethoden nach CISPR 16-2 werden im Frequenzbereich durchgeführt. Messungen abgestrahlter Emission werden im Frequenzbereich von 30 bis 1.000 MHz gemessen.
Alternativ zur klassischen EMV-Messtechnik sind Messverfahren im Zeitbereich stark im Kommen. Die Hauptvorteile der Zeitbereichsmesstechnik sind die dramatisch verkürzte Messzeit und die zusätzlich zur Auswertung zur Verfügung stehende Phaseninformation über das Messsignal.
Weitere Beiträge
→ Prüfung von PV-Anlagen nach DGUV-Vorschrift 3
→ Kennlinienmessung während des Betriebs
→ Sind Photovoltaik-Inselanlagen meldepflichtig?
→ Durchführung von Erdungsmessungen
→ Photovoltaik: rasanter Ausbau weltweit
→ Arbeiten unter Spannung an PV-Anlagen
→ Elektrische Sicherheit von PV-Anlagen
Kommentare
Kommentar von Jörg |
Guten Tag, ich bin auch Funkamateur der Klasse A.
Habe bereits selber eine kleine Anlage zum Ackus laden. Die macht keine Probleme.
Bei meinem Nachbarn schräg rüber, wird gerade eine Dachanlage montiert, wie ich an den Befestigungsprofilen , eine größere Anzahl von Microwechselrichtern entdeckt habe, ahne ich schlimmes.
Noch kann ich nicht genau zuordnen ob jedes, oder jeweils für 2 Paneele ein Microwechselrichter angebracht wurde. Bisher war es bei mir mit Störungen auf KW erträglich. Aber solch eine Anlage habe ich noch nicht gesehen und sehe düstere Wolken am EMV - Himmel aufziehen.
MfG
Kommentar von Vogel Arno |
Guten Tag,
wir haben eine Anfrage zur Installation einer PV-Anlage auf einem Klinikum.
Grundsätzlich ist das erst mal kein Problem. Ich habe nun recherchiert und Festgestellt, dass Wechselrichter die EMV-Kategorie C1 (Filter Klasse B) einhalten müssen.
Gibt es hierzu noch weitere spezifische Anforderungen oder reicht es aus Netzfilter zu installieren ?
Kommentar von Carsten Hirt |
Ich bin auch Funkamateur. Mein Nachbar hat am 17.3.2023 eine kleine PV-Anlage mit cm 6m² installiert. Wenige meter neben der Anlage verläuft mein KW-Dipol, in 15m Entfernung ist eine UKW-Antenne. Auf Kurzwelle bemerkte ich praktisch nichts, aber auf UKW stört die Anlage von 120MHz bis 170MHz mit nahezu Vollanschlag, d.h. es ist tagsüber kein 2m-Funk mehr möglich und der Flugfunk auf 135MHz ist bestimmt auch betroffen da ich in der Einflugschneise von Hannover bin und die Flugzeuge sich bereits hier im Sinkflug befinden. 70cm ist sauber.
Welche Entstörmaßnahmen sehen die PV-Hersteller für UKW vor?
mfG aus Bockenem, Dipl.-Ing.(FH) Carsten Hirt
Kommentar von Rudolf Klos |
Sehr geehrter Herr Krug,
ich bin Funkamateur und möchte eine PV Anlage mit 9,5KWp installieren lassen. Bei dem angebotenen Wechselrichter handelt es sich um einen Fronius Symo GEN24 5.0 Plus. Ein Nachbar hat ein solches Gerät und direkte Messungen mit einem transportablen Kurzwellenempfänger ergaben, dass auf bestimmten Frequenzen, in direkter Nähe zum Wechselrichter, Störsignale feststellbar sind. Diese werden jedoch mit zunehmendem Abstand (einige Meter) geringer. Ich kann nicht beurteilen, wie sich im Vergleich dazu eine "saubere" Anlage anhört. Haben Sie dazu Erfahrungen, oder welches Produkt, mit möglichst geringer Störstrahlung, finden sie geeignet?
Vielen Dank, Gruß R. Klos
Kommentar von Christoph |
Gibt es eine Liste der Geräte die diese Normen erfüllen? Vielen Dank!
Kommentar von steffen |
Mich würde interessieren in welchen Frequenzbereichen der sog. "Dirty Power" bei modernen trafolosen Wechselrichtern hauptsächlich anzutreffen ist (auf allen Spannungsführenden Leitungen).
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