Feuergefährdete Betriebsstätten sicher betreiben (Teil 3)

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Besondere Schutzeinrichtungen werden für feuergefärdete Betriebsstätten gefordert.
Ab Dezember sind Störlichtbogenschutzeinrichtungen für einphasige Wechselspannungssysteme bis 16 A einzusetzen (Bildquelle: Shinyfamily/iStock/Thinkstock)

Lesen Sie auch die Teile 1 und 2 der Artikelserie

Pflicht: Isolationsüberwachungsgeräte (IDMs) in IT-Systemen

Wird ein IT-System innerhalb einer feuergefährdeten Betriebsstätte eingesetzt, so ist dieses komplett durch Isolationsüberwachungsgeräte (IDMs) zu überwachen. Ebenso dürfen für die Endstromkreise innerhalb der feuergefährdeten Betriebsstätte Differenzstrom-Überwachungsgeräte (RCMs) zur Anwendung kommen. Der erste Fehler muss in beiden Fällen zu einer optischen und akustischen Fehlermeldung führen. Ein zweiter Fehler muss immer zu einer Abschaltung führen. Alternativ können auch Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) innerhalb des IT-Systems eingesetzt werden.

Ausnahmen von der Abschaltung bei Isolationsfehlern in TN-, TT-, IT-Systemen

In der VDE 0100-420 (Errichten von Niederspannungsanlagen Teil 4-42: Schutzmaßnahmen – Schutz gegen thermische Auswirkungen) werden Ausnahmen beschrieben, in denen eine Abschaltung durch Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen oder Isolationsüberwachungsgeräte nicht erforderlich ist.

Eine Abschaltung der Stromkreise in der feuergefährdeten Betriebsstätte ist nicht notwendig, wenn

  • andere Maßnahmen zur Anwendung kommen, die eine Brandgefahr durch Kurz- oder Erdschlüsse aufgrund von äußeren Einflüssen in den Endstromkreisen sicher verhindern können (z.B. durch einen zusätzlichen mechanischen Schutz gegen mechanische Beanspruchung).
  • die Stromkreise kurzschluss- und erdschlusssicher errichtet sind.
  • in allen Stromkreisen ein Schutzleiter in einer gemeinsamen Umhüllung mit den aktiven Leitern verlegt wird und dieser auch in allen ortsfesten Betriebsmitteln der Schutzklasse II (schutzisolierte Betriebsmittel) ein- bzw. hindurchgeführt wird.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass dadurch die Schutzmaßnahme Schutzisolierung nicht aufgehoben werden darf. Darüber hinaus müssen Stromkreise aus Schienenverteilern oder mineralisolierten Leitungen nicht geschützt werden. Für diese ist ein Brand aufgrund eines Isolationsfehlers sehr unwahrscheinlich (vgl. Beuth 2017a).

Kurzschluss- und erdschlusssichere Verlegung

Laut VDE 0100-520 gelten die folgenden Verlegearten normativ als kurzschluss- und erdschlusssicher (vgl. Beuth 2017b):

  • Einsatz von blanken oder isolierten Einzelleitern, wenn für diese der Kontakt untereinander oder mit geerdeten Teilen nicht möglich ist. Diese Bedingung muss auch eingehalten werden, wenn äußere Einflüsse (z.B. umstürzende oder herunterfallende Teile) auf die Leiter wirken. So darf z.B. durch ein herunterfallendes Teil kein Kurzschluss zu erwarten sein. Zur Realisierung können u.a. die Leiter mit ausreichenden Abständen untereinander verlegt und durch Abstandhalter sicher gehalten werden. Ebenso kann das Führen von Leitern in getrennten Elektroinstallationskanälen/-zügen oder in getrennten Elektroinstallationsrohren eine Maßnahme sein, die diese Forderung erfüllen.
  • Verwendung von einadrigen Kabeln, einadrige Mantelleitungen (NYM) und einadrigen Gummischlauchleitungen.
  • Nutzung von Kabeln oder Mantelleitungen, die nicht in der Nähe brennbarer Stoffe verlegt sind, die zugänglich sind und bei denen die Gefahr einer mechanischen Beschädigung verhindert ist.
  • Montage von Aderleitungen, wie z.B. NSGAFÖU, NSHXAÖ, NSHXAFÖ und NSHXAFCMÖ, mit Nennspannungen U0/U von mindestens 1,8/3 kV.
  • Installation von Kabeln und Leitungen, die ohne Gefahr für ihre Umgebung ausbrennen können (z.B. Kabel im Erdreich).

Schutzleiter sind Pflicht

In der VdS 2033 findet sich zum Thema Schutzleiter auch die Forderung, dass auf allen Kabel- und Leitungswegen der Schutzleiter mitgeführt werden muss. Ebenso versteht sich eigentlich von selbst, dass kein PEN-Leiter eingesetzt werden darf, da ansonsten die Abschaltung bei Isolationsfehlern nicht realisiert werden kann.

Laut VdS 2033 dürfen

  • Leiter in mehradrigen Kabeln und Leitungen,
  • einadrige Kabel oder Leitungen (z.B. NYY, NYM),
  • isolierte oder nicht isolierte Leiter in Elektroinstallationsrohren bzw. -kanälen,
  • konzentrische Leiter von Kabel und Leitungen sowie
  • Metallgehäuse von Stromschienen-Systemen

verwendet werden.

Bei allen Schutzleitern ist jedoch immer auf einen ausreichenden Querschnitt sowie auf die Durchgängigkeit zu achten (vgl. VdS 2033).

Schutzmaßnahme Schutz durch Kleinspannung

Werden in einer feuergefährdeten Betriebsstätte Stromkreise mit der Schutzmaßnahme Schutz durch Kleinspannung (SELV oder PELV) verwendet, so müssen laut VDE 0100-420 alle spannungsführenden Teile (sog. aktive Teile) mittels Abdeckungen oder Umhüllungen mindestens die IP-Schutzart IP 2X oder IP XXB aufweisen. Die VdS 2033 geht hier noch einen Schritt weiter. So müssen aktive Teile von Stromkreisen mit Kleinspannung in eine Umhüllung des Schutzgrades IP 4X/IP 5X eingebaut werden. Alternativ können die Basisisolierungen von aktiven Teilen mit einer Umhüllung aus Isolierstoff versehen werden. Dieser Isolierstoff muss dann eine Qualität aufweisen, wie sie z.B. bei Kabeln und Leitungen vom Typ NYY bzw. NYM eingesetzt wird. Dabei spielt die Höhe der Spannung keine Rolle. In der VDE 0100-420 wird für die Isolierung von Stromkreisen mit der Schutzmaßnahme Schutz durch Kleinspannung ein Isolierstoff gefordert, der für mindestens 60 Sekunden einer Prüfspannung von 500 V Gleichspannung standhält.

AFDDs in feuergefährdeten Betriebsstätten

In allen feuergefährdeten Betriebsstätten werden mit dem Ablauf der Übergangsfrist der VDE 0100-420 im Dezember 2017 Schutzeinrichtungen zum Schutz bei Auftreten von Lichtbögen (Störlichtbogenschutzeinrichtungen) für alle einphasigen Wechselspannungssysteme bis 16 A erforderlich. Diese Schutzgeräte werden als AFFDs (Arc Fault Detection Device) oder umgangssprachlich auch als Brandschutzschalter bezeichnet. Die Schutzeinrichtungen müssen in der Lage sein innerhalb von 5 Millisekunden einen Lichtbogen zu löschen.

Aus der Sicht des Autors dienen Brandschutzschalter insbesondere dazu, das Restrisiko in feuergefährdeten Betriebsstätten zu verringern. Ohne Brandschutzschalter besteht eine bisher nicht geschlossene Sicherheitslücke, die insbesondere von widerstandsbehafteten, seriellen Lichtbögen mit geringeren Strömen ausgeht (z.B. reduzierter Aderquerschnitt aufgrund einer beschädigten Leitungsader oder hoher Übergangswiderstand an einer Klemmstelle). Der Brandschutzschalter ist eine Möglichkeit das Restrisiko eines Brands durch elektrische Betriebsmittel weiter zu reduzieren (vgl. Beuth 2017a).

Betrieb und Prüfungen elektrischer Anlagen in feuergefährdeten Betriebsstätten

In feuergefährdeten Betriebsstätten sind laut VdS 2033 wiederkehrende Prüfungen an der elektrischen Anlage durchzuführen. Die VdS 2033 empfiehlt für alle feuergefährdete Betriebsstätten diese Prüfungen nach der Klausel 3602 “Elektrische Anlagen” und der VdS 2871 “Prüfrichtlinien nach Klausel 3602” durchzuführen (vgl. VdS 2871). Weiterhin wird in derselben VdS-Richtlinie empfohlen, regelmäßige thermografische Untersuchungen durchzuführen.

Für den Betrieb der elektrischen Anlagen in feuergefährdeten Betriebsstätten weist die VdS 2033 darauf hin, dass Motorschutz- oder Leitungsschutzschalter nicht unachtsam wieder zugeschaltet werden dürfen. Haben diese erst einmal ausgelöst, muss zuerst die Ursache erkundet und beseitigt werden. Erst danach ist eine erneute Zuschaltung zulässig. Die Meldung des ersten Fehlers in einem IT-System muss unverzüglich beseitigt werden.

Die VdS 2033 gibt einen Mindestisolationswert an, den aus Sicht der Versicherungswirtschaft eine gut gewartete Anlage aufweisen muss. Dieser Mindestisolationswert beträgt 300 Ω je Volt Nennspannung (z.B. 230 V x 0,3 kΩ = 69 kΩ). Die folgende Abbildung zeigt einen typischen Installationsfehler, der zu einem Isolationsschaden führen kann.

Basisisolierte Leitungsadern ohne ausreichenden Kantenschutz
Basisisolierte Leitungsadern ohne ausreichenden Kantenschutz

Isolationsmessungen sind besonders wichtig

Besonderen Wert legt die VdS 2033 auf die Durchführung der Isolationsmessungen. Die Messungen müssen ohne ein Abklemmen der Neutralleiter möglich sein, da hierdurch ansonsten die Gefahr eines Aderbruchs ansteigen könnte. In der Praxis sind deshalb in Verteilungen für feuergefährdete Betriebsstätten Neutralleiter-Trennklemmen vorzusehen.

Bei der Durchführung der Isolationsmessungen gemäß den Vorgaben der Feuerversicherer für feuergefährdete Betriebsstätten ist insbesondere darauf zu achten, dass diese zwischen allen Leitern durchzuführen sind. D.h. abweichend von der VDE 0105-100 sind die Isolationsmessungen zwischen allen Außenleitern (L1, L2, L3) untereinander, zwischen allen Außenleitern und Neutralleitern, zwischen den Außenleitern und den Schutzleitern sowie zwischen den Neutralleitern und den Schutzleitern durchzuführen.

Das nächste Foto zeigt Stromkreise mit Neutralleitertrennklemmen an denen Isolationsmessungen durchgeführt werden können ohne die Leitungsadern abzuklemmen.

Stromkreise mit Neutralleitertrennklemmen
Stromkreise mit Neutralleitertrennklemmen

Quellenangaben:

VdS 2033: Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. -GDV-, Berlin (Hrsg.); VdS Schadenverhütung GmbH, Köln (Hrsg.), VdS 2033: 2007-09 (06). Elektrische Anlagen in feuergefährdeten Betriebstätten und diesen gleichzustellende Risiken, Richtlinien zur Schadenverhütung, (02.01.2017)

VdS 2871: Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. -GDV-, Berlin (Hrsg.); VdS Schadenverhütung GmbH, Köln (Hrsg.), VdS 2871: 2017-02 (05). VdS-Richtlinien für die Prüfung elektrischer Anlagen, Prüfrichtlinien nach Klausel SK 3602, Hinweise für den anerkannten Elektrosachverständigen, (02.01.2017)

Beuth 2017a: Beuth Verlag GmbH, Am DIN-Platz, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin; VDE 0100-420:2016- 02; Errichten von Niederspannungsanlagen - Teil 4-42 Schutz gegen thermische Auswirkungen, (02.01.2017)

Beuth 2017b: Beuth Verlag GmbH, Am DIN-Platz, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin; VDE 0100-520:2013- 06; Errichten von Niederspannungsanlagen - Teil 5-52 Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel - Kabel- und Leitungsanlagen, (02.01.2017)

  • Autor:

    Dipl.-Ing. (FH) Christoph Schneppe, B.A.

    geschäftsführender Gesellschafter im Sachverständigenbüro Bluhm + Schneppe

    Christoph Schneppe

    Christoph Schneppe betreut als freiberuflicher Sachverständiger für Elektrotechnik den Schwerpunkt baurechtliche Prüfungen. Er ist VdS-anerkannter Sachverständiger zum Prüfen elektrischer Anlagen und staatlich anerkannter Sachverständiger (Prüfsachverständiger) für Sicherheitsbeleuchtungs-, Sicherheitsstromversorgungs-, Brandmelde- und Alarmierungsanlagen.

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Kommentare

Kommentar von Tom |

Wie ist eine Messung in einem 24 Std. Betrieb zu realisieren? Ist die Messung mit einer Leckstromzange zulässig/ausreichend?

Kommentar von thomas |

Hallo,

hab ich da was Verpasst?
Wird die Isolation nicht mehr in Ohm gemessen?
Zitat:
Die VdS 2033 gibt einen Mindestisolationswert an, den aus Sicht der Versicherungswirtschaft eine gut gewartete Anlage aufweisen muss. Dieser Mindestisolationswert beträgt 300 W je Volt Nennspannung (z.B. 230 V x 0,3 kW = 69 kW).

Antwort von Christina Wernicke

Hallo Thomas,

vielen Dank für den Hinweis. Das ist in der Tat ein Fehler, der bei der Übertragung des Textes in unser System entstanden ist. Aus Ω wurde fälschlicherweise ein W. Wir haben den Fehler korrigiert.

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