Die 5 Sicherheitsregeln der Elektrotechnik
- Kommentare: 0
- Sicher arbeiten
- Artikel als PDF herunterladen
Die fünf Sicherheitsregeln sind die Grundlage des sicheren Arbeitens an und in der Nähe von elektrischen Anlagen. Daher sollte jede Elektrofachkraft sie kennen und anwenden. Denn nur so lassen sich Stromunfälle vermeiden und die Sicherheit am Arbeitsplatz gewährleisten.
Die 5 Sicherheitsregeln für Elektrofachkräfte
1. Freischalten
2. Gegen Wiedereinschalten sichern
3. Spannungsfreiheit feststellen
4. Erden und kurzschließen
5. Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken
Unfallursache: Missachtung der 5 Sicherheitsregeln
Bei Schaltvorgängen in elektrischen Anlagen ist es unerlässlich, dass die fünf Sicherheitsregeln strikt befolgt werden. Geschieht dies nicht, kann es beim Berühren unter Spannung stehender Anlagenteile zu schwerwiegenden Unfällen kommen, die sogar tödlich enden können. Die BG ETEM registriert als Unfallursachen von Stromunfällen häufig die Missachtung der fünf Sicherheitsregeln der Elektrotechnik:
Stromunfälle von Elektrofachkräften bei elektrotechnischen Arbeiten und Verstoß gegen die 5 Sicherheitsregeln (2015 - 2019, Quelle: BG ETEM)
- Freischalten 25,9 %
- Gegen Wiedereinschalten sichern 2,2 %
- Spannungsfreiheit feststellen 28,2 %
- Erden und kurzschließen 1,0 %
- Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken 7,9 %
Downloadtipps der Redaktion
E-Book: Antworten auf häufig gestellte Fragen
Hier gelangen Sie zum Download.
Downloadpaket für ortsveränderliche elektrische Arbeitsmittel
Hier gelangen Sie zum Download.
Checkliste für die Sichtprüfung
Hier gelangen Sie zum Download.
Prüfbericht Erprobung
Hier gelangen Sie zum Download.
Formular: Bestellung eines Schaltberechtigten
1. Sicherheitsregel: Freischalten
An erster Stelle steht bei den 5 Sicherheitsregeln der Elektrotechnik das Freischalten. Die Anlagenteile, an denen gearbeitet werden soll, müssen von allen möglichen Einspeisepunkten getrennt werden.
Das Freischalten muss grundsätzlich allpolig erfolgen und geschieht in der Regel an der Überstromschutzeinrichtung. Bei automatischen Leitungsschutzschaltern wird der Kipphebel nach unten umgelegt. Bei Schmelzsicherungen wird der Schmelzeinsatz entnommen, wobei darauf geachtet werden muss, dass bei demontierter Schraubkappe die Gefahr besteht, aktive Teile am Fußkontakt zu berühren.
An dieser Stelle muss unbedingt auf mögliche Rückspannungen geachtet werden. Deswegen wird empfohlen, vor dem Freischalten alle Quellen, durch die Rückspannungen auftreten können, zu ermitteln.
Freischalten: Wie geht man vor?
- Leitungsschutzschalter ausschalten bzw. herausnehmen
- Trennschalter freischalten
- Schütze freiklemmen
- Sicherungseinsätze herausnehmen
Was muss dabei beachtet werden?
- mögliche Rückspannung
- Besonderheiten von Leitungsnetzen
Was ist sonst noch wichtig?
- Persönliche Schutzausrüstung (PSA) benutzen
- Schalten mehrere Personen eine Anlage frei, muss die Bestätigung dazu mündlich oder schriftlich erfolgen.
2. Sicherheitsregel: Gegen Wiedereinschalten sichern
Um zu vermeiden, dass eine Anlage an der gerade gearbeitet wird, irrtümlich wieder eingeschaltet wird und somit unter Spannung steht, müssen alle Schaltgeräte, die zum Einschalten eines Anlagenteils betätigt wurden, gegen Wiedereinschalten gesichert werden, z.B. durch Sperren des Betätigungsmechanismus. Ein sicherer Schutz gegen Fehlschaltungen sowie unbedachte oder unbeabsichtigte Schalthandlungen der Beschäftigten bieten abschließbare Hauptschalter, z.B. durch Vorhängeschlösser.
Vor Beginn der Arbeiten müssen Verbotsschilder zur Warnung vor unerlaubten Schalthandlungen angebracht werden. Diese müssen aus Isolierstoff bestehen und sollten so befestigt werden, dass sie nicht herunterfallen können. Bei Schaltgeräten kleinerer Abmessungen können zusätzlich auch Aufkleber, Magnetschilder oder auch Steckkarten mit entsprechender Aufschrift verwendet werden. Sollte ein Anlagenteil, von zwei Seiten eingeschaltet werden können, z.B. Ringleitungen, müssen vor der Arbeit an beiden Schaltern Verbotsschilder angebracht werden.
Gegen Wiedereinschalten sichern: Wie funktioniert das?
durch …
- Kennzeichnung
- Sperren
- Abschließen
Was muss dabei beachtet werden?
- Verbotszeichen sicher befestigen
- Trennschalter durch Schutzplatte sichern
- Schalter/-antrieb sicher verriegeln
3. Sicherheitsregel: Spannungsfreiheit feststellen
Als Nächstes muss die Elektrofachkraft überprüfen, ob die Anlage auch wirklich spannungsfrei ist. Dies geschieht am besten mit einem zweipoligen Spannungsprüfer. Testen Sie diesen Spannungsprüfer vor der Überprüfung, ob er auch richtig funktioniert. Auch nach der Überprüfung sollten Sie kontrollieren, ob er durch die Messung eventuell Schaden genommen hat.
Bei Kabeln und Leitungen lässt sich an der Arbeitsstelle die Spannungsfreiheit mit Spannungsprüfer nicht ohne Weiteres durchführen. Das freigeschaltete Kabel muss jedoch eindeutig bestimmt werden. Kann es eindeutig von der Schaltstelle bis zur Arbeitsstelle verfolgt werden, kann vom Feststellen der Spannungsfreiheit abgesehen werden. Ist dies nicht der Fall, muss das Kabel an der Arbeitsstelle mit Sicherheitsschneidvorrichtungen geschnitten werden. Dabei wird die Anwendung von Kabelauslesegeräten empfohlen.
Die Spannungsfreiheit darf nur von Elektrofachkräften oder elektrotechnisch unterwiesenen Personen, die Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen sowie Kenntnisse über den Aufbau der Anlage besitzen, festgestellt werden. Diese Arbeit darf niemals durch Laien ausgeführt werden.
Spannungsfreiheit feststellen: Wie funktioniert das?
- Spannungsfreiheit mit Spannungsprüfer, Kabelbeschussgerät oder Kabelauslesegerät eindeutig (allpolig) feststellen
Was muss dabei beachtet werden?
- Anwendungshinweise zum Spannungsprüfer
- Funktioniert der Spannungsprüfer? (Vor und nach Feststellen der Spannungsfreiheit an spannungsführenden Teilen testen)
- Messbereich für die Anlage geeignet?
Tipp der Redaktion
Elektrowissen zum Mitnehmen
- Lesen Sie spannende Expertenbeiträge.
- Stellen Sie unseren Fachexperten Ihre Fragen.
- Nutzen Sie die Download-Flat mit einer Vielzahl an Checklisten, Prüflisten, Arbeits- und Betriebsanweisungen.
Auch als Onlineversion erhältlich. Machen Sie mit beim Papiersparen.
4. Sicherheitsregel: Erden und kurzschließen
Einer der wichtigsten Punkte zum Arbeiten im spannungsfreien Zustand ist das Erden und Kurzschließen der Anlagenteile, an denen gearbeitet werden soll. Diese Sicherheitsregel wird jedoch nur bei Arbeiten an Mittel- und Hochspannungsanlagen, beispielsweise bei Arbeiten an Freileitungen oder Arbeiten an Niederspannungshauptverteilungen, angewendet.
Die zum Erden und Kurzschließen verwendete Vorrichtung muss stets zuerst mit der Erdungsanlage oder einem Erder und danach erst mit dem zu erdenden Anlagenteil verbunden werden, wenn die Erdung und Kurzschließung nicht gleichzeitig, z.B. über einen Erdungsschalter, erfolgt.
Alle Vorrichtungen und Geräte zum Erden und Kurzschließen müssen grundsätzlich einen sicheren Kontakt zu der Erdungsanlage sowie den zu erdenden und kurzzuschließenden Anlagenteilen sicherstellen und dem Kurzschlussstrom bis zum Abschalten standhalten.
Vorrichtungen zum Erden und Kurzschließen
Das Erden und Kurzschließen erfolgt meist durch
- fest eingebaute Erdungsschalter nach DIN EN IEC 62271-102 VDE 0671-102:2023-09, deren Aufgabe darin besteht, abgeschaltete Anlagenteile zu erden und bei mehrpoligen Erdschaltern gleichzeitig kurzzuschließen.
- zwangsgeführte Staberdungs- und Kurzschließvorrichtungen nach DIN EN 61219 VDE 0683-200:1995-01. Dabei darf der Einsatz der Staberdungsgeräte nur an freigeschalteten, auf Spannungsfreiheit geprüften elektrischen Anlagenteilen erfolgen.
- frei geführte ortsveränderliche Erdungs- und Kurzschließgeräte nach DIN EN 61230 VDE 0683-100:2009-07.
In Kleinspannungs- und Niederspannungsanlagen (bis 1.000 V) darf vom Erden und Kurzschließen abgesehen werden, außer wenn das Risiko besteht, dass die Anlage unter Spannung gesetzt wird durch eine Ersatzstromversorgungsanlage, dezentrale Erzeugungsanlagen oder bei Freileitungen, die von anderen Leitungen gekreuzt oder elektrisch beeinflusst werden.
Erden und kurzschließen: Wie funktioniert das?
- mit dem Erdungsschalter oder anderen Vorrichtungen
Was muss dabei beachtet werden?
- zuerst den Erdungspunkt anschließen
- an Unterbrechungsstellen beide Seiten erden und kurzschließen
- Vorrichtung mit ausreichendem Querschnitt für den zu erwartenden Kurzschlussstrom bemessen
- Erdung und Kurzschließung von der Arbeitsstelle aus sichtbar oder eindeutig gekennzeichnet
5. Sicherheitsregel: Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken
Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile sollten nach Möglichkeit grundsätzlich vermieden werden. Können diese Anlagenteile in der Nähe der Arbeitsstelle jedoch nicht freigeschaltet werden, müssen diese vor Arbeitsbeginn gegen Berührung mit Arbeitsmaterialien abgedeckt oder abgeschrankt werden.
Abdeckungen müssen ausreichend isolieren und allen zu erwartenden mechanischen Beanspruchungen standhalten. D.h. sie müssen sicher befestigt sein und dürfen sich nicht durch zufälliges Berühren lösen oder abfallen. Es können Isolierstoffplatten und -matten, Abdecktücher oder auch Schutzgitter eingesetzt werden. Jedenfalls muss das Material, wenn es mit unter Spannung stehenden Teilen in Berührung kommt, eine ausreichende elektrische Festigkeit besitzen.
Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken: Wie funktioniert das?
- mit isolierenden Tücher, Schläuchen oder Formstücken unter Spannung stehende Teile abdecken
Was muss dabei beachtet werden?
- Gefahrenbereiche ausreichend und eindeutig kennzeichnen
- Besondere Vorsicht walten lassen!
- Alle unter Spannung stehenden Teile der Anlage müssen abgedeckt werden.
- isolierende Formstücke oder Gummimatten nur bis 1.000 V
- Können sie nicht abgedeckt werden, Mindestabstände einhalten!
Freigabe zur Arbeit
Erst nach Durchführung der fünf Sicherheitsregeln der Elektrotechnik darf die Arbeitsstelle durch den Arbeitsverantwortlichen freigegeben werden. Die wichtigste Voraussetzung hierfür ist die Genehmigung durch den Anlagenverantwortlichen.
Unter Spannung setzen nach der Arbeit
Das ist beim unter Spannung setzen nach der Arbeit zu beachten:
- Mit dem Prozess zum Wiedereinschalten nach Beendigung und Überprüfung der Arbeiten darf erst begonnen werden, wenn sich an der Arbeitsstelle keine Personen, Werkzeuge und Hilfsmittel mehr befinden.
- Die Maßnahmen der fünf Sicherheitsregeln der Elektrotechnik werden im Normallfall in umgekehrter Reihenfolge aufgehoben. Es sind immer zuerst die Kurzschließverbindungen und danach die Erdverbindungen zu lösen.
- Ebenfalls ist nach Abschluss der Arbeiten der Anlagenverantwortliche über die Beendigung der ausgeführten Arbeiten zu informieren, die ausgegebenen Freigabescheine wieder auszuhändigen. Der Arbeitsverantwortliche muss den Anlagenverantwortlichen klar und unmissverständlich über den Abschluss der Arbeiten unter Angabe der Arbeitsstelle und der Arbeitsgruppe sowie die Einschaltbereitschaft melden.
Weitere Beiträge zum Thema
4. Sicherheitsregel: Erden und kurzschließen
Statistik der Stromunfälle in Deutschland: Das lernen wir daraus
Unfallbericht: Spannungsfreiheit wurde nicht festgestellt
Kommentare
Einen Kommentar schreiben