Ist die DIN ISO 45001 ein Meilenstein für den Arbeitsschutz?
- Kommentare: 0
- Sicher arbeiten
- Artikel als PDF herunterladen
Globalisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel, Fachkräftemangel und Klimakrise – die aktuellen Herausforderungen für die Unternehmen sind vielfältig und groß. Insbesondere der Fachkräftemangel macht vielen Unternehmen zu schaffen, denn qualifiziertes Personal ist in immer mehr Branchen rar, sodass der Wettbewerb um Fachkräfte immer härter wird. Wer die besten Arbeitskräfte an sein Unternehmen binden will, benötigt dementsprechend gute Argumente.
Das beste Argument ist ein attraktiver Arbeitsplatz, der eine gute Bezahlung, flexible Arbeitszeiten sowie sichere und gesunde Arbeitsbedingungen bietet. Ein moderner und effektiver Arbeits- und Gesundheitsschutz spielt vor diesem Hintergrund eine immer wichtigere Rolle. Es gilt, Arbeitsunfälle zu verhindern und Berufskrankheiten zu vermeiden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde im Juni 2018 der britische Standard für Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagementsysteme mit der Bezeichnung BS OHSAS 18001:2007 durch die neue DIN ISO 45001:2018-06 abgelöst. Inwiefern diese Norm Auswirkungen auf Ihre Tätigkeit und Funktion als Elektrofachkraft (EFK) hat – insbesondere als Akteur im betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz –, erfahren Sie im Folgenden.
Praxistipp
Mit der DIN ISO 45001 ist es erstmals gelungen, den traditionellen Arbeitsschutz und das betriebliche Gesundheitsmanagement zusammenzuführen. Damit bietet die Norm insbesondere all jenen Unternehmen einen guten Einstieg, die diese beiden Themen noch nicht systematisch umsetzen. Unternehmen, die bereits ein Managementsystem gemäß ISO 9001 und/oder ISO 14001 erfolgreich anwenden, verschafft die DIN ISO 45001 die Möglichkeit, mit überschaubarem Aufwand die Aspekte Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in das bestehende System zu integrieren.
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Fokus
Der Sinn und Zweck der DIN ISO 45001 besteht darin, Prozesse in Unternehmen aller Branchen zu optimieren, um die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten bestmöglich zu schützen. Die Norm beruht wie ihre Vorgängerin auf dem „Plan-Do-Check-Act“-Modell. Der gravierendste Unterschied zwischen den beiden Normen ist die mit der DIN ISO 45001 neu eingeführte sogenannte High Level Structure, die eine einfache Integration in die vorhandene ISO-9001- oder ISO-14001-Managementsysteme sicherstellt. Das hat den Vorteil, dass
- Definitionen und Gliederungen einheitlich verwendet werden können und
- Synergien bei der Kombination unterschiedlicher Standards und Zertifizierungen ermöglicht werden.
Dadurch sparen sich die Unternehmen Zeit und reduzieren den Aufwand bei der Einführung der DIN ISO 45001.
Arbeitgeber ist für Arbeitsschutz verantwortlich
Der betriebliche Arbeits- und Gesundheitsschutz ist Chefsache. Mit anderen Worten ist es der Arbeitgeber, der die umfassende Verantwortung für die Sicherheit und die Gesundheit seiner Mitarbeiter trägt. So steht es im Gesetz. Denn der Gesetzgeber hat den Arbeitgeber in § 3 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) damit betraut, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen, um die Mitarbeiter vor Sicherheits- und Gesundheitsgefahren an ihren Arbeitsplätzen zu schützen. Darüber hinaus muss er die ergriffenen Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anpassen.
Wann Elektrofachkräfte Akteure des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sind
Um die Sicherheit und die Gesundheit seiner Belegschaft bestmöglich zu schützen, ist der Arbeitgeber u.a. verpflichtet,
- den Mitarbeitern sichere Arbeitsmittel bereitzustellen (Werkzeuge, Maschinen, Anlagen usw.),
- vor der Verwendung von Arbeitsmitteln eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen,
- die Mitarbeiter vor dem Beginn von Arbeiten entsprechend zu unterweisen,
- die sichere Benutzung von Arbeitsmitteln durch die Mitarbeiter zu gewährleisten, indem er die notwendigen Schutzmaßnahmen ergreift, sowie
- die Arbeitsmittel regelmäßig zu überprüfen, instand zu halten und ggf. auszutauschen bzw. zu erneuern.
Allen diesen Aufgaben gemein ist, dass der Arbeitgeber die jeweiligen Risiken und Gefährdungen ermitteln und bewerten und daran anschließend Schutzmaßnahmen festlegen muss. Es geht dabei insbesondere um
- mechanische,
- thermische,
- physikalische,
- psychische und
- elektrische
Gefährdungen.
Hier kommen Sie ins Spiel. Als Elektrofachkraft kommt Ihrer Expertise entscheidende Bedeutung zu, wenn es um elektrische Gefährdungen geht. Denn das Einschätzen von elektrischen Gefahren sowie das Auswählen geeigneter Schutzvorkehrungen bedürfen selbstredend einer entsprechenden Qualifikation im Bereich der Elektrotechnik.
Elektrofachkräfte übernehmen Verantwortung im Elektrobereich
In der Regel stellt sich die Situation in den Betrieben so dar, dass weder der Arbeitgeber noch die Fachkraft für Arbeitssicherheit eine Elektrofachkraft ist. Daraus folgt die problematische Konstellation, dass der Arbeitgeber zwar grundsätzlich die Verantwortung für die Arbeitssicherheit trägt, diese Verantwortung jedoch im Elektrobereich mangels entsprechender Kompetenz nicht sachgerecht übernehmen kann. Dieses Problem kann durch die Ausgliederung der Fachkompetenz sowie Übertragung dieses Bereichs an eine Elektrofachkraft gelöst werden.
Hinweis
Die fachliche Verantwortung liegt dann bei der Fachkraft, während die restliche Verantwortung beim Unternehmer bzw. der Führungskraft verbleibt, auch und insbesondere die Wahrnehmung von Organisations-, Aufsichts- und Auswahlpflichten.
Jede Elektrofachkraft trägt Verantwortung
In der betrieblichen Praxis sind Arbeitgeber und Führungskräfte nur selten Elektrofachkräfte, sodass sie in diesem Bereich nicht die Verantwortung übernehmen können. In diesem Fall bedarf es der Benennung einer verantwortlichen Elektrofachkraft (VEFK), die für die kompletten elektrischen Anlagen eines Betriebs zuständig ist und somit Fach- und Führungsverantwortung trägt. Die Bezeichnung „verantwortliche“ Elektrofachkraft ist dabei missverständlich. Denn nicht nur eine verantwortliche Elektrofachkraft übernimmt Verantwortung, sondern grundsätzlich jede Elektrofachkraft. Aufgrund ihrer Ausbildung sowie ihrer Kenntnisse und Erfahrungen tragen Elektrofachkräfte (EFK), Elektrofachkräfte für festgelegte Tätigkeiten (EFKffT) sowie elektrotechnisch unterwiesene Personen (EuP) eine persönliche Fachverantwortung für ihr Handeln (und pflichtwidriges Unterlassen).
Zwar trägt die verantwortliche Elektrofachkraft in besonderer Weise Fach- und Führungsverantwortung. Die Pflicht zum sicheren Arbeiten und Einhalten sämtlicher Sicherheitsregeln und Schutzvorschriften trifft jedoch unabhängig von schriftlichen Bestellungen und Pflichtenübertragungen jede Elektrofachkraft. Als Elektrofachkraft tragen Sie insbesondere gegenüber der Belegschaft und dem Betrieb Verantwortung. Ihre fachliche Verantwortung beginnt dabei bereits durch die Qualifikation von Kolleginnen und Kollegen und deren Zuständigkeit für die ihnen zugewiesenen Tätigkeiten. Beachten Sie dabei Folgendes: Je größer der Zuständigkeitsbereich und je erheblicher die Folgen der zu treffenden Entscheidungen sind, desto verantwortungsvoller ist eine Tätigkeit.
Darum geht es
Bei der DIN ISO 45001:2018-06 handelt es sich um den ersten weltweiten internationalen Standard für betrieblichen Gesundheits- und Arbeitsschutz. Die Norm gibt den Unternehmen einen Rahmen vor, um Risiken am Arbeitsplatz proaktiv zu verringern und dadurch die Gesundheit sowie das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter nachhaltig zu verbessern. Dabei geht es nicht nur um den Schutz der eigenen Belegschaft, sondern auch um den Schutz von Lieferanten, Leiharbeitnehmern, betriebsfremden Mitarbeitern, Dienstleistern und Subunternehmen. Zu diesem Zweck zieht die DIN ISO 45001 alle Beschäftigten des Unternehmens in sämtliche Aspekte des Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagementsystems mit ein.
Das steht drin
Die DIN ISO 45001 legt Anforderungen an ein Managementsystem für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (SGA-Managementsystem) fest und enthält zugleich eine Anleitung zur konkreten Anwendung und Umsetzung des Systems. Das Ziel der Norm ist die Unterstützung von Unternehmen bei deren Vorhaben, sichere und gesundheitsgerechte Arbeitsplätze bereitzustellen, indem arbeitsbedingte Verletzungen und Erkrankungen vermieden und die Leistung des jeweiligen Managementsystems proaktiv verbessert werden. Die Norm gilt für jedes Unternehmen, das plant, ein Managementsystem aufzubauen, zu verwirklichen und aufrechtzuerhalten, um
- die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu verbessern,
- Gefahren zu beseitigen,
- SGA-Risiken (einschließlich Systemschwachstellen) auf ein Mindestmaß zu beschränken,
- Nutzen aus SGA-Chancen zu ziehen und
- mit Nichtkonformitäten bezüglich des SGA-Managementsystems umzugehen, die in Zusammenhang mit ihren Tätigkeiten stehen.
Das sind die konkreten Inhalte der Norm
Die DIN ISO 45001:2018-06, deren vollständiger Titel „Managementsysteme für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ lautet, ist für Unternehmen aller Branchen und Größen geeignet, zeitgemäß und international anerkannt. Die Norm entspricht mit ihren zehn Kapiteln der Struktur der internationalen Normen für Managementsysteme, z.B. im Bereich Qualität (DIN EN ISO 9001:2015-11) und im Bereich Umwelt (DIN EN ISO 14001:2015-11). Dadurch kann die DIN ISO 45001 im Vergleich mit ihrer Vorgängernorm OHSAS 18001 einfacher in bereits bestehende Qualitäts- und Umweltmanagementsysteme integriert werden. Mit Kombizertifizierungen lassen sich Kosten und Aufwand sparen. Das Inhaltsverzeichnis der DIN ISO 45001 im Originaldokument sieht wie folgt aus:
Vorwort
Einleitung
0.1 Hintergrund
0.2 Ziel eines SGA-Managementsystems
0.3 Erfolgsfaktoren
0.4 „Planen-Durchführen-Prüfen-Handeln“-Zyklus
0.5 Inhalt dieses Dokumentes
1 Anwendungsbereich
2 Normative Verweisungen
3 Begriffe
4 Kontext der Organisation
5 Führung und Beteiligung der Beschäftigten
6 Planung
7 Unterstützung
8 Betrieb
9 Bewertung der Leistung
10 Verbesserung
Anhang A (informativ) Anleitung zur Anwendung dieses Dokuments
Literaturhinweise
Stichwortverzeichnis
Tipp der Redaktion
Den kompletten Fachartikel sowie weiterführende Informationen zum Thema finden Sie in dem Produkt „Elektrosicherheit in der Praxis”.
Kommentare
Einen Kommentar schreiben