Die Verantwortung für die Jahresplanung der Elektrosicherheit im Unternehmen ist eine umfangreiche und komplexe Aufgabe, die schlaflose Nächte bereiten kann. Wer mit dem groben Überblick beginnt und Zeit und Raum für die unvermeidlichen Umstrukturierungen lässt, kommt damit meist am besten zurecht.
Nicht nur in öffentlichen Gebäuden wie Kinos oder Theatern, sondern auch in Arbeitsstätten, d.h. in Gewerbe- oder Industriebetrieben, kann eine Sicherheitsbeleuchtung erforderlich sein. Die Forderung nach einer Sicherheitsbeleuchtung ist in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) begründet.
Anhand einer Gefährdungsbeurteilung ermittelt der Arbeitgeber, ob eine Sicherheitsbeleuchtung im Betrieb erforderlich ist. Um dem Arbeitgeber bzw. seiner Elektrofachkraft einen Leitfaden für die Praxis in die Hand zu geben, wurden Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR) veröffentlicht.
Arbeitsstättenregeln konkretisieren die Forderungen der Arbeitsstättenverordnung nach einer Sicherheitsbeleuchtung
Zwei dieser Arbeitsstättenregeln sind die ASR A3.4 „Beleuchtung und Sichtverbindung“ und die ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge“. Die ASR A3.4 konkretisiert u.a. die Anforderungen an das Errichten und Betreiben von Sicherheitsbeleuchtungsanlagen in Arbeitsstätten. Dazu führt sie Beispiele für Arbeitsplätze auf, bei denen eine Sicherheitsbeleuchtung erforderlich sein kann.
Grundsätzlich gilt, dass in Arbeitsstätten eine Sicherheitsbeleuchtung notwendig ist, wenn der Ausfall der Allgemeinbeleuchtung zu einer Gefährdung der Beschäftigten führen kann. Diese Arbeitsplätze bergen somit eine besondere Gefährdung.
Wann ist eine Sicherheitsbeleuchtung von Fluchtwegen in Arbeitsstätten gefordert?
Zur Ausstattung von Fluchtwegen mit einer Sicherheitsbeleuchtung gibt die ASR A2.3, Kap. 9 „Sicherheitsbeleuchtung“ nähere Informationen: Die Forderung nach einer Sicherheitsbeleuchtung von Fluchtwegen kann aus Rechtsvorschriften wie dem Bauordnungsrecht hervorgehen. Ist dies nicht der Fall, muss geprüft werden, ob ein gefahrloses Verlassen der Arbeitsstätte nach Ausfall der Allgemeinbeleuchtung gewährleistet ist. Die Prüfkriterien sind beispielsweise:
hohe Personenbelegung der Arbeitsstätte,
die Fläche der Arbeitsstätte,
fehlendes Tageslicht (bedingt durch die Lage der Räume oder betriebliche Gründe, z. B. Fotolabor),
Anwesenheit ortsunkundiger Personen (z.B. Kunden oder Besucher),
erhöhte Gefährdung durch Stolpern oder Stürzen, z.B. auf Treppen, unübersichtliche Fluchtwegführung etc.
Allgemeine Anforderungen an die Sicherheitsbeleuchtung von Fluchtwegen
Folgende Anforderungen gelten unter Anderem laut ASR A2.3, Kap. 9.1 für die Sicherheitsbeleuchtung von Fluchtwegen:
Die Beleuchtungsstärke muss mindestens 1 Lux betragen, diese ist in max. 20 cm Höhe über dem Boden oder den Treppenstufen zu messen.
Die erforderliche Beleuchtungsstärke muss innerhalb von 60 s nach Ausfall der Allgemeinbeleuchtung erreicht werden (50 % nach 5 s).
Die Beleuchtungsstärke muss für die Dauer, die für das gefahrlose Verlassen der Arbeitsstätte erforderlich ist, aufrecht erhalten werden, mindestens aber für einen Zeitraum von 30 Minuten nach Ausfall der Allgemeinbeleuchtung.
Die Funktion der Sicherheitsbeleuchtung darf durch den Ausfall der allgemeinen Stromversorgung nicht beeinträchtigt werden.
Die Sicherheitsbeleuchtung ist instand zu halten und in regelmäßigen Abständen auf ihre Funktionsfähigkeit zu prüfen.
Was sind Arbeitsplätze mit besonderer Gefährdung?
Das Schutzziel der Sicherheitsbeleuchtung für Arbeitsplätze mit einer besonderen Gefährdung ist zum einen das gefahrlose Verlassen der Arbeitsstätte und zum anderen die Verhütung von Unfällen. In der ASR 3.4, Kap. 8 werden typische Beispiele solcher Arbeitsplätze genannt:
Laborbereiche mit laufenden Versuchen, die zur Vermeidung von akuten Gefahren durch Beschäftigte begangen werden müssen. Dies kann z.B. erforderlich sein, um einen Laborversuch zu beenden oder zu unterbrechen und somit die Gefährdung für andere Personen aufgrund von Brand, Explosion oder Austreten von giftigen oder radioaktiven Stoffen zu verhindern.
Verdunkelte Arbeitsplätze, wenn dies aus technischen Gründen erforderlich ist.
Elektrische Betriebsräume oder Räume mit haustechnischen Anlagen, die trotz des Ausfalls der Allgemeinbeleuchtung begangen werden müssen, z.B. um die Sicherungen der elektrischen Anlage wieder einzuschalten.
Bereiche mit nicht geschützten lang nachlaufenden Arbeitsmitteln oder Teilen, wenn diese Unfallgefahren verursachen können, z.B. bei Drehbänken, Wickelmaschinen oder Kreissägen.
Schaltwarten und Leitstände für Anlagen in Kraftwerken oder in der chemischen Industrie, die ständig überwacht werden müssen.
Arbeitsplätze mit Absperr- und Regeleinrichtungen, die regelmäßig im Betriebszustand oder bei Störungen bedient werden müssen. Dies kann z.B. notwendig sein, um weitere Unfallgefahren für andere Personen zu vermeiden oder um einen Produktionsprozess gesichert und gefahrlos zu beenden oder zu unterbrechen.
Arbeitsplätze in der Nähe von heißen Bädern oder Gießgruben, die nicht gesichert werden können. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn sich Galvanisierungsbäder aus produktionstechnischen Gründen nicht mit Geländern oder Absperrungen absichern lassen.
Bereiche mit Arbeitsgruben, die arbeitsablaufbedingt nicht abgedeckt werden können, z.B. in Lkw- oder Pkw-Werkstätten.
Arbeitsplätze auf Baustellen, die keine ausreichende Beleuchtung mit Tageslicht aufweisen. Dies kann z.B. für Arbeitsplätze in Gebäuden mit Untergeschossen gelten, die vom Tageslicht abgeschnitten sind.
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Anforderungen an die Sicherheitsbeleuchtung von Arbeitsplätzen mit einer besonderen Gefährdung
Ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung für bestimmte Arbeitsplätze eine Gefährdung der Mitarbeiter besteht, so sind besondere Anforderungen zu berücksichtigen. Für die zuvor genannten Arbeitsplätze bzw. Bereiche ist eine Sicherheitsbeleuchtung zu installieren. Diese Sicherheitsbeleuchtung muss die folgenden Bedingungen erfüllen:
Die Mindestbeleuchtungsstärke der Sicherheitsbeleuchtung muss 15 Lux betragen. Das heißt, die Beleuchtungsstärke bei Beleuchtung durch die Sicherheitsbeleuchtung darf zu keinem Zeitpunkt einen Wert von weniger als 15 Lux aufweisen.
Die Beleuchtungsstärke der Sicherheitsbeleuchtung muss außerdem mindestens 10 % der Beleuchtungsstärke mit Allgemeinstrom betragen. Das heißt, beträgt die Beleuchtungsstärke an einem Arbeitsplatz z.B. 500 Lux bei Allgemeinstrombeleuchtung, muss mit der Sicherheitsbeleuchtung mindestens eine Beleuchtungsstärke von 50 Lux realisiert werden.
Die Beleuchtungsstärke der Sicherheitsbeleuchtung muss innerhalb von 0,5 Sekunden erreicht sein. Das heißt, von der Ausfallerkennung der Allgemeinstrombeleuchtung über die eventuelle Aktivierung der Sicherheitsbeleuchtung bis zum Erreichen der Mindestbeleuchtungsstärke dürfen nicht mehr als 0,5 Sekunden vergehen.
Die Beleuchtungsstärke bei Beleuchtung durch eine Sicherheitsbeleuchtung muss für die gesamte Dauer der Gefährdung aufrechterhalten werden. Die Dauer der Gefährdung hat der Arbeitgeber im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln. Das heißt, die Sicherheitsstromversorgung (z.B. die Batteriekapazität) muss so bemessen sein, dass sie für die Dauer der Unfallgefahr ausreicht. Benötigt z.B. ein chemischer oder thermischer Prozess mehrere Stunden, bis er gesichert heruntergefahren ist, und ist in dieser Zeit die Anwesenheit bzw. der Eingriff von Personen (z.B. für regelnde Eingriffe) erforderlich, muss auch die Sicherheitsbeleuchtung über den gesamten Zeitraum aktiv bleiben.
Bei Arbeitsplätzen an drehenden Maschinen (z.B. Plandrehmaschinen) müssen zusätzlich störende stroboskopische Effekte ausgeschlossen werden (siehe hierzu DIN EN 1838:2019-11).
Die Sicherheitsbeleuchtung muss so installiert werden, dass der Bereich des Arbeitsplatzes mit einer besonderen Gefährdung eine Gleichmäßigkeit der Beleuchtungsstärke von 0,1 nicht unterschreitet. Das heißt, die Beleuchtungsstärke des dunkelsten und des hellsten Bereichs darf maximal ein Verhältnis von 1:10 aufweisen (siehe hierzu ebenfalls DIN EN 1838:2019-11).
Fazit
Für Arbeitsplätze mit einer besonderen Gefährdung bei Ausfall der künstlichen Beleuchtung (Allgemeinstrombeleuchtung) kann in Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung eine Sicherheitsbeleuchtung erforderlich sein.
An die Sicherheitsbeleuchtung von Arbeitsplätzen mit einer Unfallgefahr werden hohe Anforderungen in Bezug auf die Mindestbeleuchtungsstärke, Gleichmäßigkeit, Umschalt- und Überbrückungszeit sowie die Zeit bis zum Erreichen der Beleuchtungsstärke gestellt.
Die Elektrofachkraft sollte vor der Installation der Sicherheitsbeleuchtung in Arbeitsstätten die Gefährdungsbeurteilung des Arbeitgebers einsehen bzw. die zuständige Fachkraft für Arbeitssicherheit des Betriebs zurate ziehen.
Quellenangaben:
ASR A2.3 „Technische Regeln für Arbeitsstätten: Fluchtwege und Notausgänge“; Ausschuss für Arbeitsstätten – ASTA-Geschäftsführung – BAuA, März 2022
ASR A3.4 „Technische Regeln für Arbeitsstätten: Beleuchtung und Sichtverbindung“; Ausschuss für Arbeitsstätten – ASTA-Geschäftsführung – BAuA, Mai 2023
DIN EN 1838 (2019-11) "Angewandte Lichttechnik - Notbeleuchtung", Beuth Verlag, (November 2019)
Beitrag aus dem Jahr 2015, geprüft und aktualisiert im Juli 2023
geschäftsführender Gesellschafter im Sachverständigenbüro Bluhm + Schneppe
Christoph Schneppe betreut als freiberuflicher Sachverständiger für Elektrotechnik den Schwerpunkt baurechtliche Prüfungen. Er ist VdS-anerkannter Sachverständiger zum Prüfen elektrischer Anlagen und staatlich anerkannter Sachverständiger (Prüfsachverständiger) für Sicherheitsbeleuchtungs-, Sicherheitsstromversorgungs-, Brandmelde- und Alarmierungsanlagen.
Kommentare
Kommentar von Mark |
Hallo. Können Sie bitte erklären wie entsteht Stroboskopischer effekt? Wie wird Stroboskopischer effekt verhindert bei Leuchstofflampen?
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