Gültigkeit von Betriebsanweisungen
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Müssen Betriebsanweisungen unterschrieben werden?
Es besteht keine gesetzliche oder unfallversicherungsrechtliche Pflicht, Betriebsanweisungen zu unterschreiben.
Ungeachtet dessen empfehlen einige Berufsgenossenschaften, die Betriebsanweisungen zu unterschreiben, um diese für den Beschäftigten „verbindlich“ werden zu lassen. Allerdings ist jede vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckte Anweisung aus sich selbst heraus verbindlich, ohne dass es dafür eines besonderen, formalisierten Verfahrens bedarf.
Gerade mit Blick auf Dokumentenmanagementsysteme, die Freigabeprozesse beinhalten, wäre die Forderung nach einer Unterschrift in Frage zu stellen. Es gibt bis auf die Forderung einer gewissen einheitlichen Gestaltung keine Formvorschriften zu Betriebsanweisungen. Insbesondere ist eine Schriftform vergleichbar des § 126 BGB nirgends herleitbar. Noch nicht einmal das Farbschema aus der DGUV Information 211-010 ist gesetzlich verbindlich.
Daher sind außerbetriebliche Form- und Verbindlichkeitsvorgaben allesamt Empfehlungen, die erst durch betriebliche Umsetzung zum Tragen kommen. Allein im Hinblick auf die Gliederung kann man über die Vermutungswirkung der TRGS 555 eine gewisse Vorgabe heranziehen.
Aufgaben und Entscheidungsbefugnis
In Kleinbetrieben kommen die Anweisungen immer vom Chef — den dort Beschäftigten muss dies nicht nochmals klar gemacht werden, indem die Anweisungen von ihm unterschrieben werden.
Bei größeren Unternehmen leitet sich die Anweisungsberechtigung aus der betrieblichen Organisation im Rahmen der Stellenbildung ab. Wurde einem Vorgesetzten die Zuständigkeit für einen Bereich übertragen, so muss dieser auch die Kompetenz haben, in und für diesen Bereich Anweisungen zu geben. Man nennt dies auch Kongruenz von Aufgaben und Entscheidungsbefugnis.
Hat der Vorgesetzte die Befugnisse nicht, dann kann er auch keine Verantwortung tragen bzw. reduziert sich die Verantwortung auf die zur Verfügung stehenden Befugnisse. Daher muss in einer Organisationsanweisung oder dem Organigramm geregelt sein, wer für welchen Bereich eine Weisungsbefugnis besitzt.
Für nach § 13 (insbesondere Abs. 2) des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) verantwortliche Personen gilt natürlich, dass sie immer (nur) neben dem Arbeitgeber verantwortlich sein werden. Diese Person darf für den übertragenen Zuständigkeitsbereich Weisungen geben und daher auch Betriebsanweisungen in Kraft setzen. Die Organisationsanweisung sollte klarstellend darüber Auskunft geben, ob für die Betriebsanweisungen eine Unterschrift erforderlich ist oder nicht. Letztlich wäre die Unterschrift nur Ausdruck eines wahrgenommenen Weisungsrechts oder eines durchlaufenen Freigabeprozesses.
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Ist die Betriebsanweisung von der verantwortlichen Elektrofachkraft gültig?
Ob eine andere Person die Betriebsanweisung in Kraft setzen muss, kann niemals pauschal beurteilt werden. Dies richtet sich nach den betriebsspezifisch vorhandenen Organisationsregeln.
Grundsätzlich hängt aber die Anweisungsbefugnis an der übertragenen Aufgabe und leitet sich somit von der Aufgabenübertragung ab. Sofern also im Rahmen des übertragenen Weisungsrechts für den Zuständigkeitsbereich Anweisungen getroffen werden und Betriebsanweisungen erstellt werden, wären diese aus sich heraus gültig.
Muss die verantwortliche Elektrofachkraft von ihrem Weisungsrecht Gebrauch machen und bis zur endgültigen Entscheidung die Betriebsanweisung für verbindlich erklären?
Unter der Annahme, dass sich der Bereichsleiter, von dem die verantwortliche Elektrofachkraft ihre Zuständigkeit ableitet, die Inkraftsetzung von Betriebsanweisungen vorbehalten hat, so ist nicht anzuraten, davon abzuweichen. Hier muss deutlich werden, dass insoweit der verantwortlichen Elektrofachkraft das Weisungsrecht gerade fehlt.
Ereignet sich aufgrund von Sicherheitsmängeln mit den Arbeitsmitteln ein Unfall, so trägt derjenige die Verantwortung, der Handlungspflicht und Handlungskompetenz gehabt hat. Arbeitsschutzbehörden und die BG finden sowas bewährt heraus und übergeben auch im Straftatfall die Ermittlungen an die Staatsanwaltschaften.
Aus der Weisungsfreiheit leitet sich kein Weisungsrecht ab
Wenn das Weisungsrecht fehlt, dann kann man sich nur auf ein Hinwirken beschränken. Dabei sollte auch deutlich zwischen der Weisungsfreiheit, die nach DIN VDE 1000-10 „Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen“ vorgesehen ist und hoffentlich mit der Bestellung zur verantwortlichen Elektrofachkraft ausgesprochen wurde, und einem Weisungsrecht unterschieden werden.
Aus der Weisungsfreiheit leitet sich kein Weisungsrecht ab. Dies kann man sogar bei einer gesetzlich vorgesehenen Weisungsfreiheit gemäß § 8 des Arbeitssicherheitsgesetzes nicht erwarten: Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind in der Anwendung ihrer Fachkunde weisungsfrei, aber aufgrund der Positionierung in einer Stabsfunktion gerade nicht weisungsbefugt.
Weisungsrecht hat nur jemand, dem dies ausdrücklich oder durch Einsetzung in eine weisungsbefugte Stelle übertragen wurde. Weisungen von Personen ohne Weisungsbefugnis sind genauso wie unrechtmäßige Weisungen unbeachtlich. Neben der Tatsache, dass Weisungen immer von dem aus dem Arbeitsvertrag abzuleitenden Weisungsrecht gedeckt sein müssen, dessen Ausprägung man klarstellend auch dem § 106 der Gewerbeordnung entnehmen kann, sind auch bei entsprechenden Verhältnissen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gemäß § 87 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) zu beachten. Wurde hier eine erforderliche Mitbestimmung nicht gewahrt, so entfaltet die Weisung/Betriebsanweisung auch trotz möglicherweise vorzufindender Unterschrift keine Wirkung im arbeitsrechtlichen Sinne.
Gerade die Weisungsfreistellung ist eigentlich ein Fremdkörper im Dienstvertragsrecht des BGB. Die Berufung auf DIN VDE 1000-10 ist niemals zielführend, da die Norm keine privatrechtliche Bedingungswirkung entwickelt. Ist die Weisungsfreistellung einzelvertraglich beispielsweise durch Bestellung zugesprochen, so wird sie nur solange Bestand haben, wie es die stärkere Partei akzeptiert.
Ein Berufen auf die Weisungsfreiheit wird in anderen Konstellationen wahrscheinlich für die verantwortliche Elektrofachkraft selten gut ausgehen. Es gibt zwar Klauselvorschläge, die negative Auswirkungen auf den weisungsfreien Beschäftigten reduzieren sollen, jedoch wird man sich im Ernstfall auf den Gerichtsweg verweisen lassen müssen. Bundesarbeitsrichter Schmitz-Schoelemann hat einmal gesagt, dass das Arbeitsverhältnis zum Arbeiten und nicht zum Prozessieren da wäre.
Es kann nur empfohlen werden,
- Anweisungen, die man aufgrund der übertragenen Kompetenz selbst geben kann, auch zu treffen,
- ansonsten die betrieblichen Organisationsvorgaben zu beachten und
- im Kollisionsfall darauf hinzuweisen, dass wenn Anweisungen an gebotener Stelle nicht oder falsch getroffen werden, auch die Verantwortung dafür dorthin wandert. Letztlich haftet man ansonsten nur für eigenes Handeln.
Wichtig ist persönlich zu untersuchen, ob man sich eventuell aufgrund der organisatorischen Situation und Stellung in einer Garantenposition befinden könnte. Hierzu sei auch auf die Lektüre des § 9 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) und § 14 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs (StGB) verwiesen. Ein Garant hat eine Handlungspflicht und haftet für das Unterlassen einer solchen.
Tipp der Redaktion
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