Unterweisung elektrischer Strom: richtig reagieren bei Stromunfällen

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Unterweisungen zum elektrischen Strom und zur Ersten Hilfe nach einem Elektrounfall sollen die Mitarbeiter schützen.
Mitarbeiter zu den Gefahren des elektrischen Stroms und zur Ersten Hilfe unterweisen (Bildquelle: WUT789/iStock/Thinkstock)

In vielen Branchen und Betrieben sind durch den elektrischen Strom ausgelöste Arbeitsunfälle eher selten. Der Anteil der Unfälle, die tödlich ausgehen, ist bei Elektrounfällen jedoch besonders hoch. Dazu bestehen bei Stromunfällen oft Elektrogefahren auch für die Ersthelfer und Rettungskräfte. Gute Gründe, das Verhalten bei Stromunfällen auf die Liste der Sicherheitsunterweisungen zu setzen.

Die Zahl der Stromunfälle und Stromunfalltoten in Deutschland hat – mit Schwankungen – insgesamt abgenommen, wie die Statistik der Stromunfälle in Deutschland zeigt. Das ist an der nachfolgenden Grafik der BG ETEM zu sehen. Dies ist erfreulich, aber kein Grund, in der Aufmerksamkeit und Sensibilisierung für die Gefahren des elektrischen Stroms nachzulassen. Trotz aller Sicherheitseinrichtungen und Aufklärung sterben immer noch jedes Jahr Menschen an den Folgen von Stromunfällen. Dies betrifft keineswegs nur Laien – darunter sind auch Elektrofachkräfte und andere Angehörige von Elektroberufen.

Stromunfalltote in Deutschland
Stromunfalltote in Deutschland (Bildquelle: BG ETEM)

Unterweisung zu Gefahren des elektrischen Stroms

Wichtig und notwendig für jedes Unternehmen: Unterweisungen zu den Gefahren des elektrischen Stroms, über das richtige Verhalten und die Erste Hilfe bei Stromunfällen. Warum? Weil der Anteil tödlicher Arbeitsunfälle bei Elektrounfällen besonders hoch ist. Bei diesen Unfällen bestehen zusätzliche Gefahren für Ersthelfer und Rettungskräfte. Das sind gute Gründe, das richtige Verhalten bei Stromunfällen auf die Liste der Sicherheitsunterweisungen zu setzen.

Arbeitgeber, Betriebsärzte und betriebliche Arbeitsschützer sollten daher beim Unterweisen zu Erster Hilfe stets auch auf die besonderen Aspekte eines Stromunfalls eingehen. Diese Akteure im betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz sind gut beraten, in eine Unterweisung zum elektrischen Strom und zur Ersten Hilfe die Elektrofachkraft einzubinden.

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Darum sind Elektrounfälle so gefährlich

Elektrischer Strom hat nicht nur unangenehme und schmerzhafte, sondern auch gesundheitsgefährliche Wirkungen auf den menschlichen Körper. Die offenkundigsten Verletzungen bei einem Stromunfall sind Verbrennungen und Muskelverkrampfungen. Dazu kommen Störungen der Atmung und des Herz-Kreislauf-Systems.

Letztere sind auch deshalb so tückisch, weil sie noch Tage nach dem Unfall als Herzrhythmus-Störungen auftreten können. Auch kann es verzögert zu dem gefährlichen Herzkammerflimmern kommen. Im Hochspannungsbereich kommen die Gefahren von Lichtbögen mit schweren Verletzungsfolgen bis zum Tod hinzu.

Grundregeln zum Verhalten bei Elektrounfällen

Wer einen Stromunfall eines Kollegen miterlebt oder wer eine Person in einer Situation auffindet, die auf einen Elektrounfall hindeutet, sollte unbedingt die wichtigste Verhaltensregel kennen und im akuten Fall umsetzen: Eigenschutz geht vor! Wer sich selbst in Gefahr begibt und zum nächsten Unfallopfer wird, weil die Gefahrenquelle noch aktiv ist, wird auch dem verunfallten Kollegen nicht helfen können.

Den Stromfluss sicher unterbrechen

Erstes Gebot nach einem Elektrounfall ist daher stets, den Stromfluss sicher zu unterbrechen. Das kann je nach Situation durch Ziehen des Netzsteckers, das Betätigen der Sicherung oder des Hauptschalters usw. geschehen.

Ist das Unterbrechen des Stroms auf die Schnelle nicht möglich, muss die verunfallte Person von den unter Spannung stehenden Teilen ihrer Umgebung getrennt werden. Dazu sollte man Gegenstände aus isolierenden Materialien verwenden (wie etwa eine Holzlatte) und selbst einen isolierenden Standort wählen (trockene Holzbohle, Karton, notfalls auch Textilien). Erst wenn das Unfallopfer sicher von der Stromquelle getrennt ist, kann gefahrlos Erste Hilfe geleistet werden.

Die besonderen Gefahren bei Elektrounfällen kennen

Zur Unterweisung elektrischer Strom gehört, auf die besonderen Gefahren bei Elektrounfällen aufmerksam zu machen: Strom ist eine „unsichtbare“ Gefahr! Im Gegensatz zu anderen Arbeitsunfällen wie Verätzung durch eine Chemikalie oder mechanische Verletzung durch ein Maschinenteil ist der unmittelbare Unfallauslöser bei einem Elektrounfall oft nicht sofort klar. Für den zu Hilfe eilenden Kollegen ist meist nicht ersichtlich, ob und wo eine Spannung anliegt, die ihn selbst vielleicht genauso gefährdet wie das Unfallopfer.

Risikofaktoren, die wir nicht direkt über Augen, Ohr oder Nase wahrnehmen, sind meist besonders tückisch. Ähnlich wie bei Erstickungsunfällen durch unsichtbare Gase in geschlossenen Räumen wie Silos oder Jauchegruben kommt es daher auch bei Elektrounfällen immer wieder zu tragischen Situationen, wo es nicht bei einem Todesopfer bleibt, weil sich Kollegen in bester Rettungsabsicht selbst in Gefahr bringen. Daher noch einmal: Selbstschutz ist oberstes Gebot!

Unterweisung Gefahren des elektrischen Stroms: medizinische Kenntnisse vermitteln

Abgesehen von Fällen, in denen eine Elektrofachkraft selbst entsprechende Qualifikationen aufweist, etwa als Rettungssanitäter, sollte sie das Vermitteln medizinischer Kenntnisse in geschulte Hände abgeben. Ein Arzt oder ein Ausbilder vom Roten Kreuz oder vergleichbaren Organisationen kann erläutern, zeigen und einüben lassen, wie sachgerecht Erste Hilfe geleistet wird.

Hinweis: Auch regelmäßige Sicherheitsunterweisungen zur Ersten Hilfe entbinden den Arbeitgeber nicht von seiner Pflicht, Ersthelfer zu bestellen. Details zu Zahl und Ausbildung der Ersthelfer finden Sie in § 26 der DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“.

Downloadtipps der Redaktion

Unterweisung: „VDE 0100-410 Schutz gegen elektrischen Schlag“

Hier gelangen Sie zum Download.

Unterweisungsprotokoll

Hier gelangen Sie zum Download.

E-Book: „Antworten auf häufig gestellte Fragen“

Hier gelangen Sie zum Download.

Formular: „Bestellung zur Elektrofachkraft“

Hier gelangen Sie zum Download.

Nach einem Elektrounfall stets zum Arzt

Die medizinischen Folgen von Elektrounfällen sind nicht vorhersehbar! Auch wenn derjenige sich nach einem Stromschlag wieder gut fühlt und keine Verbrennungen der Haut o.Ä. erkennbar sind, sollte sich ein Stromunfallopfer stets ärztlich untersuchen lassen. Mindestens der Betriebsarzt sollte sich den Kollegen nach einem Stromunfall anschauen: Ist dies nicht möglich, ist er zur Untersuchung ins Krankenhaus zu bringen. Denn es besteht stets die Gefahr von Herzrhythmusstörungen oder anderen unerkannten medizinischen Folgen.

Auch eine vermeintlich harmlose, da nur ganz kurze Durchströmungszeit, der sogenannte „Wischer“, kann gefährlich werden. Die subjektive Einschätzung, es sei ja nichts passiert und man fühle sich gut und unbeschadet, ist trügerisch. Denn um die Gefahren und Wirkungen von Strom wahrzunehmen und einzuschätzen, fehlen uns die Sinne. Auch bei Mitarbeitern, die als fit und kräftig gelten, besteht die Gefahr, dass jemand nach einem Stromunfall eine Zeit lang später plötzlich mit Schwindel, Übelkeit oder Herz-Rhythmus-Störungen zusammenbricht. Passiert dies beim Arbeiten auf einer Leiter oder beim Führen eines Fahrzeugs, steigt das Risiko für Sekundärunfälle deutlich an.

Solchen Situationen beugen Sie vor, wenn jeder Mitarbeiter grundsätzlich – und unabhängig von seinem individuellen Empfinden – nach einem Stromunfall ärztlich untersucht wird. Nur ein Arzt kann entscheiden, ob eine weitere stationäre Überwachung notwendig ist. Achten Sie darauf, dass der Verunfallte auf keinen Fall selbst zum Arzt fährt. Lassen Sie ihn von einem Rettungswagen abholen oder sorgen Sie für eine zuverlässige Begleitung beim Gang zum Betriebsarzt.

Alles Weitere zur Ersten Hilfe, wie man z.B. Verbrennungen versorgt oder eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durchführt, sollte einer Elektrofachkraft selbstverständlich auch bekannt sein. Die eher medizinischen Aspekte zur Ersten Hilfe in einer Sicherheitsunterweisung zu vermitteln, dürfte in den meisten Betrieben jedoch eher Aufgabe von Gesundheitsschützern und Betriebsärzten sein.

Elektrounfall mit Hochspannung: Erst Freischalten, dann Erste Hilfe!

Etwa 90 Prozent der von den Berufsgenossenschaften erfassten Stromunfälle passieren im Niederspannungsbereich. Elektrounfälle mit Hochspannung kommen seltener vor, sind dann aber umso gefährlicher, auch für die Ersthelfer. Hier ist es besonders wichtig, schnellstens einen Notruf abzusetzen. Außerdem gilt: Nähern Sie sich der verletzten Person erst, wenn Fachpersonal die Anlage freigeschaltet hat. Vorher besteht Lebensgefahr, selbst wenn man sich mit isolierenden Hilfsmitteln zu schützen versucht. Bis zur Freischaltung darf das Unfallopfer auf keinen Fall berührt werden. Ein Sicherheitsabstand von 10 bis 20 Metern ist unbedingt einzuhalten.

So reagiert man bei Hochspannungsunfällen richtig:

  • sofort Notruf absetzen und Fachpersonal zum Freischalten anfordern
  • unbedingt Sicherheitsabstand einhalten, selbst mit isolierenden Hilfsmitteln besteht Lebensgefahr!

Achtung: Nach einem Hochspannungsunfall ist eine stationäre Überwachung des Verunfallten unbedingt erforderlich. Denn das Risiko für Spätfolgen ist hier besonders hoch. Der Anteil an Stromunfällen mit Todesfolge liegt im Hochspannungsbereich deutlich höher als bei Niederspannung. Etwa jeder dritte Hochspannungsunfall führt zum Tod.

Rechtliche Grundlagen zur Ersten Hilfe

Erste Hilfe ist eine gesetzliche Pflicht! Wer einem Kollegen bei einem Notfall nicht zu Hilfe kommt, macht sich wegen „unterlassener Hilfeleistung“ gemäß § 323c Strafgesetzbuch strafbar. Die Hilfeleistung muss jedoch zumutbar sein und möglich, ohne sich selbst in erhebliche Gefahr zu bringen.

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Drei Fakten, die jeder zur Ersten Hilfe wissen sollte

1. Erste Hilfe ist eine gesetzliche Pflicht!

Wer einem Kollegen bei einem Notfall nicht zu Hilfe kommt, macht sich wegen „unterlassener Hilfeleistung“ gemäß § 323c Strafgesetzbuch strafbar. Die Hilfeleistung muss jedoch zumutbar sein und möglich, ohne sich selbst in erhebliche Gefahr zu bringen.

Räumen Sie in einer Unterweisung mit dem Missverständnis auf, die Pflicht zur Ersten Hilfe sei am Arbeitsplatz weniger bedeutsam als etwa in der Fußgängerzone, da im Betrieb ja Ersthelfer vorhanden seien. Richtig ist, dass in Unternehmen in Abhängigkeit von Branche und Größe eine bestimmte Zahl von Ersthelfern vorgegeben ist. Richtig ist auch, dass diese Mitarbeiter bei einem Arbeitsunfall sofort gerufen werden sollten. Falsch ist jedoch, dass ein Ersthelfer in der Nähe die eigene Pflicht zur Ersten Hilfe vermindert.

2. Erste Hilfe ohne falsche Scheu!

Niemand muss nach einer Erste-Hilfe-Leistung befürchten, für einen eventuell entstandenen Schaden haften zu müssen oder gar für einen Fehler bestraft zu werden. Dafür wäre grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz nachzuweisen.

Machen Sie in der Unterweisung diesen Punkt stets ganz deutlich: Das Schlimmste, was man tun kann, ist nichts zu tun. Denn aus Angst, etwas falsch zu machen, die Erste Hilfe zu verweigern, hat für das Unfallopfer meist weitaus schwerwiegendere Folgen als eine vielleicht nicht lehrbuchgerechte Erste-Hilfe-Maßnahme, wie etwa eine angeknackste Rippe durch einen Wiederbelebungsversuch.

3. Erste Hilfe umfasst mehr als Reanimation oder Verbandkasten!

Viele Menschen denken bei Erster Hilfe zum einen an das Verbinden von Wunden, zum anderen an vermeintlich komplizierte Reanimationsmaßnahmen. Daher sind Scheu und Verunsicherung groß.

Stellen Sie in Ihrer Unterweisung klar: Zur Ersten Hilfe gehören

  • das Absichern der Unfallstelle, um weiteren Unfällen vorzubeugen und sich nicht selbst in Gefahr zu bringen. Bei Elektrounfällen ist oft das Abschalten der Spannung bzw. die Unterbrechung des Stroms der erste Schritt.
  • das Einleiten der Rettungskette durch einen Notruf (112 an Rettungsdienst, intern an Leitwarte, Ersthelfer, Betriebsarzt …)
  • die Erstversorgung des Unfallopfers

Beitrag ursprünglich von 2018, zuletzt aktualisiert im April 2023

  • Autor:

    Dr. Friedhelm Kring

    freier Lektor und Redakteur

    Kring, Friedhelm

    Dr. Friedhelm Kring ist freier Lektor, Redakteur und Fachjournalist mit den Schwerpunkten Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.

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Kommentare

Kommentar von Arno Dombrowski |

Hallo

es erstaunt mich immer wieder auf's neue wie schmunzelnd dieses heikle Thema mit einem Lächeln abgetan wird.
Deshalb finde ich es sehr gut dass dies in letzter Zeit verstärkt thematisiert wird. Außerdem bin ich der Meinung das jede Elektrofachkraft alle 2 Jahre einen EH Lehrgang machen muss mit HLW. Das nenne ich soziales Engagement.

Kommentar von Tobias |

Hallo, ich kann mich meinem Vorredner nur anschließen. Ich finde es enorm wichtig das eine EFK sowohl auch eine EuP einen EH Lehrgang hat (besser noch mit HLW). Leider zeigt sich in der Praxis das es meist nicht so ist und deshalb dränge ich in meiner Firma immer wieder daraufhin, dass sich doch bitte alle Mitarbeiter aus diesem Kreise zu dieser Schulung anmelden. (zumal diese sowieso mind. einmal im Jahr angeboten wird)

Kommentar von Michael R. |

Hallo,
endlich mal jemand, der das Thema derart gut, allumfassend und trotzdem kurz und verständlich vorstellt.

Danke.

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